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Projekt CareforParis – Effizienter Klimaschutz durch den Wald

Umweltbundesamt, BFW, BOKU InMI, BOKU InFER, WOOD K

Die Auswirkungen des globalen Klimawandels setzen dem Wald in Österreich zu. Das wird auch den Beitrag des Waldes zum Klimaschutz deutlich beeinflussen. Mit der zunehmenden durchschnittlichen Temperatur sinkt die Speicherkapazität, notwendige Anpassungsmaßnahmen beeinflussen wirtschaftliche Erträge aus dem Rohstoff Holz. Und wird weniger Holz als Ersatz für fossile Rohstoffe verwendet, bedeutet dies zusätzliche Emissionen von fossilem Kohlenstoff in die Atmosphäre. Fazit: Die Treibhausgasbilanz des Waldes könnte zukünftig deutlich schlechter ausfallen.

Dies zeigen Szenarien aus dem Projekt CAREFORPARIS, an dem das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW), die Universität für Bodenkultur (BOKU), Wood K plus und das Umweltbundesamt mitgearbeitet haben. Die Ergebnisse wurden am 23. Oktober 2019 bei einer Veranstaltung an der BOKU präsentiert. Die Szenarien gehen von unterschiedlichen Klimaveränderungen und Anpassungsstrategien für den österreichischen Wald aus und zeigen mögliche Entwicklungen bis ins Jahr 2150. Schwerpunkte des Projekts sind die Treibhausgasbilanz des Waldes, die Treibhausgasbilanz von Holzprodukten und in vielen anderen Studien leider oft nicht berücksichtigt, die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen durch den Einsatz von Holzprodukten. CAREFORPARIS wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert.

BFW: Wald ist nicht auf ewig eine Kohlenstoffsenke

Der österreichische Wald nimmt Kohlendioxid aus der Luft auf und speichert den Kohlenstoff im Holz. Dieser Kohlenstoff-Vorrat nimmt derzeit und in naher Zukunft zu und hilft beim Klimaschutz. Wird die globale Erderwärmung nicht wie im Pariser Klimaschutzabkommen beschlossen auf unter 2 °C begrenzt, ist dieser Beitrag gefährdet. Höhere Temperaturen und dadurch erforderliche Anpassungsmaßnahmen im Wald können die Senkenwirkung des Waldes und Holzsektors deutlich beeinflussen. Österreichs Wald wird noch für die nächsten 20 – 90 Jahre eine CO2-Senke darstellen, danach zeigen die Szenarien ein gegenteiliges Bild:

„Der Wald wird zur Kohlenstoffquelle“, berichtet Dr. Thomas Ledermann vom Bundesforschungszentrum für Wald. „Wenn wir das Klimaziel von Paris erreichen wollen, hat daher die Vermeidung von Treibhausgasemissionen oberste Priorität.“

 

BOKU und Wood K plus: In langlebige Holzprodukte investieren

Langlebige Holzprodukte stellen einen zusätzlichen Kohlenstoff-Speicher dar. In den Szenarien zeigt sich, dass sich diese Speicherkapazität durch begrenzte Einsatzmöglichkeiten, begrenzte Produktlebensdauer und begrenztes Rohstoffangebot sukzessive verringert.

„Die Klimakrise wird auch die ökonomischen Rahmenbedingungen der Forst- und Holzwirtschaft verändern“, erklärt Dr. Peter Schwarzbauer von der BOKU.

Der Trend geht bereits jetzt dahin, dass reine Nadelholzbestände in Mischbestände umgewandelt und vermehrt Laubhölzer eingebracht werden, in den Szenarien wurden die Fortführung dieser Entwicklung und andere Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel simuliert. Für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Holzbranche sind Anpassungen an diese Entwicklung z. B. die Verarbeitung von Laubholz und die Entwicklung von neuen innovativen Holzprodukten erforderlich. Für die Nutzung der sich verändernden Holzarten werden neue durchschlagenden Technologien gebraucht.

 

Umweltbundesamt: Fossile Rohstoffe durch Holz ersetzen

Verwendet man Holzprodukte, können Emissionen vermieden werden, da Holzprodukte einen kleineren Kohlenstoff-Fußabdruck als Ersatzprodukte aus anderen Rohstoffen aufweisen. Dies ist über dem gesamten Simulationszeitraum 2020 bis 2150 ein dauerhaft positiver Effekt auf die Treibhausgas-Bilanz – auch dann, wenn der Wald zur Emissionsquelle wird und sich auch der Kohlenstoff-Fußabdruck von Ersatzprodukten durch dekarbonisiertes Wirtschaften verringert.

„Die Holzverwendung leistet einen enorm wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, die Speichereffekte können selbst im Szenario mit moderater Erwärmung bis zum Doppelten der Waldsenke betragen“, erklärt Dr. Peter Weiss vom Umweltbundesamt. „Wird weniger Holz genutzt, stellt der Wald zwar für einen beschränkten Zeitraum eine stärkere CO2-Senke dar, die gesamte Bilanz fällt allerdings schlechter aus, weil als Ersatz weitgehend auf fossile Rohstoffe zurückgegriffen werden muss. Für die Dekarbonisierung ist Holz ein unverzichtbarer Rohstoff.“

Einig sind sich die Forscherinnen und Forscher aus allen beteiligten Institutionen, dass die Einhaltung einer globalen Temperaturerhöhung auf unter 2 °C die entscheidende Anpassungsmaßnahme ist, um den Beitrag des Waldes gegen die Klimakrise zu managen.

 

Der Klima- und Energiefonds

Der Klima- und Energiefonds wurde 2007 durch die Bundesregierung ins Leben gerufen, um die Umsetzung ihrer Klimastrategie zu unterstützen – kurz, mittel- und langfristig. Eigentümerin ist die Republik Österreich, vertreten durch das Umweltministerium und Infrastrukturministerium. Die Strategien der österreichischen Bundesregierung in den Bereichen Forschung und Technologie, Klimaschutz sowie Energie liefern die wesentlichen Grundlagen, die in den Programmen des Klima- und Energiefonds ihren Niederschlag finden. Wichtiger Eckpfeiler aller Maßnahmen sind Nachhaltigkeit und Effizienz. Allen Aktionen übergeordnet bleibt die Vorgabe, die Senkung der heimischen Treibhausgasemissionen so rasch und nachhaltig als möglich umzusetzen. Das Projekt CAREFORPARIS wurde mit 249.585 EUR unterstützt. Die Laufzeit des Projekts betrug zwei Jahre. www.klimafonds.gv.at

 

Zusammenfassung der der wissenschaftlichen Ergebnisse

Die Ergebnisse von CareforParis zeigen, dass der Wald und die Verwendung von Holz eine wichtige Rolle als CO2-Senke darstellen: Der Gesamteffekt Wald-, Holzprodukte-Senke und vermiedene Emission durch Holzprodukte anstelle fossiler Materialien entspricht im R4.5 Szenario bis 2150 etwa 20 jährlichen Treibhausgas-(THG)-Emissionen Österreichs (J-THG-E-Ö).
Als CO2-bindendes Material dient Holz dem Klimaschutz – auch unter der Prämisse einer steigenden Dekarbonisierung unserer Energieversorgung – als Substitutionsmaterial für THG-intensivere Substanzen. Trotz unterstellter steigender Dekarbonisierung der Wirtschaft in den Szenarien wird durch die Verwendung von Holz eine erhebliche Menge an THG-Emissionen vermieden, im R4.5 Szenario mehr als doppelt so viel wie die Wald- und HWP-Senke im Simulationszeitraum darstellt. Somit ist bei nachhaltiger Forstwirtschaft der größte Hebel des waldbasierten Sektors für den Klimaschutz der Ersatz fossiler Rohstoffe durch Holzprodukte und die damit vermiedenen Emissionen.
Stärkerer Klimawandel und Klimawandel-Anpassungen können die THG-Bilanz des waldbasierten Sektors verschlechtern: In den Szenarien R8.5 (stärkerer Klimawandel) und KAL (mehr Kalamitäten) wird der Wald kumulativ im Simulationszeitraum (im Vergleich zu Szenario R4.5 mit moderater Erwärmung und Wald-Senke) zu einer deutlichen Emissionsquelle. Bis 2150 ist R8.5 um acht und KAL um 13 J-THG-E-Ö schlechter als R4.5. Das Szenario UZV (Umtriebszeitverkürzung) weist bis 2150 sechs J-THG-E-Ö mehr als R8.5 auf. Das BAW Szenario (Baumartenwechsel) zeigt unter den gewählten Rahmenbedingungen eine THG-Senke im Wald und eine THG-Quelle des HWP-Pools. Der Grund dafür ist jedoch nicht der Baumartenwechsel, sondern die simulierte gleichbleibende Holzverwendung wie derzeit, weshalb das Mehr an Laubholz im BAW nicht das Nadelholz ersetzt und daher insgesamt weniger Holz genutzt wird. Die geringere Holznutzung erfordert notwendigen Ersatz durch Nicht-Holz-Produkte um die erforderliche Dienstleistung aufrecht zu erhalten, was beim BAW zusätzliche fossile Emissionen im Ausmaß von 4,5 J-THG-E-Ö im Vergleich zu R8.5 nach sich zieht. Das Szenario mit moderatem Vorratsaufbau (VAU) zeigt die stärkste THG-Senke im Wald. Der Effekt einer höheren Senke im Wald aufgrund reduzierter Nutzung sind höhere fossile THG-Emissionen als bei R8.5: Die Reduktion der Nutzung gegenüber R8.5 erfordert auch beim VAU Szenario bis 2150 zusätzliche fossile THG-Emissionen durch Nicht-Holz-Produkte als Ersatz für entfallende Holzprodukte im Ausmaß von 4 J-THG-E-Ö. Die Strategie einer Reduktion der Holznutzung ist somit der notwendigen Dekarbonisierung zur Erreichung der Temperatur-Ziele des Paris Agreements nicht förderlich.

Je nach Szenario stellen Wald plus HWP-Pool für 20 – 90 Jahre eine CO2-Senke, danach eine Quelle dar – für R4.5 (moderate Klimaerwärmung) geringer: Klimaschutz verringert sekundäre emissionsverstärkende Wirkungen des Klimawandels. Der Einsatz von Holzprodukten und die dadurch vermiedenen Emissionen stellen hingegen eine konstante Senkung der THG-Emissionen dar.

Eine umfassende Unsicherheitsanalyse konnte aufgrund der verfügbaren Ressourcen nicht durchgeführt werden. Allerdings zeigen Sensitivitätsanalysen aus dem Vorgängerprojekt (Pölz et al. 2015, Braun et al. 2016) und CareforParis, dass die Vermeidung von THG-Emissionen durch Holzprodukte ein robustes Ergebnis ist. Auch die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Szenarien können aufgrund der Gleichhaltung maßgeblicher Parameter in den Simulationen als robust bezeichnet werden. Demgegenüber ist der generelle Trend besonders mit Fortlaufen der Zeitreihe naturgemäß unsicherer. Die Analyse der ökonomischen Effekte der Szenarien zeigte bei VAU und BAW negative Auswirkungen auf die Holzwirtschaft, auf Exportmarktanteile und -dynamiken in den Produktportfolios sowie auf die Innovationleistung. Bei adaptiver Waldbewirtschaftung müsste auch die Holzwirtschaft Anpassungsmaßnahmen, wie verstärkte Innovationen zur Produktdiversifizierung und Laubholzverwertung sowie Steigerung der Wertschöpfung, treffen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die sozio-ökonomischen Analysen belegten eine gute Übereinstimmung des Verständnisses der Stakeholder bezüglich der THG-Wirkung des waldbasierten Sektors mit den Modellierungsergebnissen. Das entscheidungsunterstützende Instrument dieses Arbeitspakets kann unter https://careforparis.boku.ac.at/ abgerufen werden.

 

Zielsetzung

CareforParis hatte das Ziel, die Auswirkungen von Klimawandel und Klimawandelanpassung auf die Treibhausgas(THG)-Bilanz des waldbasierten Sektors Österreichs in sechs Szenarien bis 2150 zu untersuchen. Folgende Elemente wurden gerechnet:
• THG-Bilanz im österreichischen Wald (Biomasse, Totholz, Boden)
• THG-Bilanz des Harvested-Wood-Products(HWP)-Pools (Schnittholz, Platte, Papier) auf Basis des Einschlags aus dem österreichischen Wald
• Lebenszyklus-THG-Emissionen durch Holzprodukte auf Basis des Einschlags aus dem österreichischen Wald und Ersatzprodukten
• zusätzlich notwendige fossile Emissionen durch Ersatzprodukte, wenn Holzprodukte gegenüber dem business-as-usual entfallen
Zusätzlich wurden in CareforParis die aus den Szenarien resultierenden Auswirkungen auf die österreichische Forst- und Holzwirtschaft analysiert.
In einer weiteren sozio-ökonomischen Analyse wurden Vorschläge zur Anpassung der politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich in Richtung einer THG-optimierten Waldbewirtschaftung und Holzverwendung erarbeitet.

 

Methode

Sechs Szenarien wurden entwickelt:
• Referenzszenario R4.5: Waldbewirtschaftung und Holzverwendung wie bisher unter einem regionalisierten Klimaszenario RCP4.5 (liegt leicht über 2 °C Ziel).
• Referenzszenario R8.5: Waldbewirtschaftung und Holzverwendung wie bisher unter einem regionalisierten Klimaszenario RCP8.5 (liegt deutlich über 2 °C Ziel).
• Kalamitätenszenario KAL: Waldbewirtschaftung und Holzverwendung wie bisher unter einem regionalisierten Klimaszenario RCP8.5 mit weiterer Zunahme von Schadholz-Ereignissen.
• Umtriebszeitverkürzungsszenario UZV: Regionalisiertes Klimaszenario RCP8.5. Verkürzung des Endnutzungsalters von Beständen als Maßnahme der Klimawandelanpassung.
• Baumartenwechselszenario BAW: Regionalisiertes Klimaszenario RCP8.5. Wechsel zu heimischen Laubholzarten im Wald als Maßnahme der Klimawandelanpassung.
• Vorratsaufbauszenario VAU: Regionalisiertes Klimaszenario RCP8.5. Weitere Außer-Nutzung-Stellung sowie Nutzungseinschränkung gegenüber R8.5-Szenario.

Ausgangspunkt der Modellierungen war der Status quo des österreichischen Waldes. Mit einem Set von Modellen (Waldwachstums- und Nutzungsmodell CALDIS, Boden-C-Modell YASSO, ökonomisches Holzmarktmodell FOHOW, Emissionsmodell GEMIS) wurden die Auswirkungen dieser Szenarien auf die THG-Bilanz des waldbasierten Sektors Österreichs bis 2150 modelliert. Die ökonomischen Effekte auf den holzbasierten Sektor Österreichs wurden anhand einer Constant Market Share Analyse (CMSA) analysiert. Im Zuge der weiteren sozio-ökonomischen Analyse wurden Literaturauswertungen, Interviews, Delphi-Befragungen und Interessensvertreter-Workshops durchgeführt und aus den Ergebnissen ein Entscheidungsfindungs-Tool für Stakeholder abgeleitet.

Hier finden sie den Endbericht des Projektes CareforParis sowie Praxisinformationen zu den Projektergebnissen.

BFW

www.umweltbundesamt.at

www.boku.ac.at

www.wood-kplus.at

Zum Weiterlesen

Wie der Wald das Klima schützt - 4 wesentliche Faktoren
Nutzung von Holz für Bioenergie
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Zum Nachlesen

Quellen

Rechte & Produktion

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