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Die Entwicklung des Waldeigentums
Ein Fachbeitrag von Elisabeth Johann
Heute befinden sich 82 % der Fläche des österreichischen Waldes im privaten Besitz von etwa 140.000 Familienwaldbetrieben. 10 % der privaten Wälder sind Gemeinschaftswälder, 50 % sind Kleinwald (< 200 ha) und 22 % sind Großwald (> 200 ha). 18 % der österreichischen Waldfläche sind öffentliche Wälder. Davon besitzen die Bundesforste 15 % und Länder und Gemeinden 3 %. Die österreichische Familienwaldbewirtschaftung ist mit durchschnittlich 9,2 ha pro Betrieb kleinteilig strukturiert. Der Anteil an Privatwald in Österreich ist am zweithöchsten in der EU. Nur in Portugal ist der Anteil mit 93 % Privatbesitz höher.
Das Eigentum am Wald, wie wir es heute vorfinden, ist das Ergebnis der historischen Besiedelung und sich entwickelnden Gesellschaftsstrukturen. Auf die römische Zeit zurückgehend galt bei den Fränkischen Königen der ungepflügte Boden im eroberten Land als Eigentum des Königs. Da nur aus bebautem Land Einnahmen erzielt werden konnten, die Rodung und Urbarmachen des Bodens aber große Anstrengungen und Mühen erforderten, wurde von ihm die unkultivierten Gründe als freies Eigen oder Lehen an Adelige, Klöster, sog. Kolonistengemeinden und freie Bauern verliehen. Weitere Gründe zur Vergabe von Lehen war der Schutz im Osten des Reiches gegen die Magyaren sowie die Christianisierung der Bevölkerung.
Zur Zeit der großen Kolonisationsbewegungen im Mittelalter gab es zwei Gruppen landbebauender Bevölkerung, und zwar eine kleine Anzahl von Inhabern von Grundherrschaften (Adelige oder Klöster) und die große Anzahl der mehr oder weniger abhängigen Untertanen. Die Grundherrschaft war allerdings nicht mit dem heutigen Großgrundbesitz gleichzusetzen, da sie Aufgaben der unteren Verwaltung und Gerichtsbarkeit wahrnehmen musste. In späteren Jahren schenkten große weltliche Grundherrschaften Teile ihres Eigentums an kleinere Hochfreie ihrer Gefolgschaft mit allen Zugehörungen, wie es damals hieß, also Wälder, Felder, Wiesen, Weiden, Mühlen, Weingärten und Vieherden. Die Grundherren behielten das Obereigentum, gewährten Schutz und Hilfe und überließen den Siedlern den Grund zur Bebauung mit unterschiedlichen Rechtstiteln, wie Freistift oder Kaufrecht. Für die untertänigen Bauerngründe der Urbarsleute waren regelmäßige und fallweise Abgaben an die Grundherrschaft (Hafer, Hennen, Gänse, Schafe,…) zu entrichten. Freier Kleinbesitz war selten, kam aber überall vor und stammte aus der Zeit der ersten Besiedelung. Die Freibauern hatten vielfach die Aufgabe, Krieger zur Landesverteidigung zu stellen, hatten aber auch das Recht, Eigentum ohne Beschränkung zu erwerben, Waffen zu tragen, zu jagen und waren Herren auf ihren Höfen. Dort wo eine geschlossene Siedlungsform vorherrschte entstand eher Gemeinschaftswald, dort wo es Einzelhofsiedlungen gab sog. Hof- bzw. Heimwälder, die in der Umgebung des Bauernguts lagen.
Folgende Eigentumsarten bestanden nebeneinander, wobei der Prozentsatz in den einzelnen Kronländern stark schwanken konnte:
- Landesherrlicher Besitz
- Herrschaftsbesitz
- Eigenbesitz der Bauern
- Im freien Eigentum
- Abhängig von den Grundherren
Nutzungsrechte der Bauern:
- Im herrschaftlichen Wald zur Deckung des Eigenbedarfs des Hofes (ursprünglich unentgeltlich): Holz, Weide, Streubezug
- Im gemeinschaftlichen Besitz:
- unter Selbstverwaltung
- unter der Oberaufsicht der jeweiligen Herrschaft
Der grundherrschaftliche Wald
Ab der frühen Neuzeit war es das Bestreben der Grundherrschaften, ihren Besitz zu arrondieren, ihre hoheitlichen Rechte zu erweitern und den grundherrlichen Besitz, den sie als Pfandschaft oder Lehen besaßen, zu freiem Eigen zu erwerben. Geldnöte der Habsburger im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts führten zum Verkauf eines Großteils der Kammergüter mit allen Rechten an die Grundherrschaften. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu weiteren Verkäufen durch den Landesfürsten. Die Käufer waren reich gewordene Industrielle, Beamte, Kaufleute und Handwerker.
Manche großen Grundherrschaften versuchten jurisdiktionelle Rechte nach dem Territorialprinzip auch über jene Waldgebiete zu erlangen, über die sie nicht als Eigentümer verfügten. Sie stützten sich dabei u. a. auf das Recht des Grundherrn, die Wirtschaftsführung der Untertanen zu überwachen und auf das Recht der Obrigkeit, das untertänige Gemeindeeigentum zu beaufsichtigen. Die Grundherren selbst aber waren durch das landesfürstliche Berg- und Forstregal, das Kaiser Maximilian besonders im Einzugsbereich von Bergwerken geltend machte, in der Verfügungsgewalt über ihr Eigentum, zumindest was den Wald betraf, erheblich eingeschränkt. Dieses Regal zwang sie, ihre Hochwälder den umliegenden Bergwerken, Salinen, Hütten und Hammerwerken förmlich zu widmen, d. h. ihnen das darin erzeugte Holz gegen einen festgesetzten niedrigen Preis zu liefern. In den Alpenländern vollzog sich vom 14. bis ins 16. Jh. unter dem Einfluss des Bergbaus ein Vorgang, den man zwar nicht Enteignung nennen konnte, da das Obereigentum immer dem Landesherrn zugestanden war, der aber einer solchen praktisch nahekam. Denn er brachte eine weitgehende Einschränkung der ursprünglich fast unbeschränkten Nutzungsrechte und die Einführung einer strengen Aufsicht. Die Waldwidmungen wurden erst im Zuge der Liberalisierung 1783 durch ein Hofdekret aufgehoben.
Der bäuerliche Wald
Jedes bäuerliche Anwesen war bei seiner Errichtung und Rodung der Gründe zur Gewinnung von Ackerland auch mit einem eigenen Waldteil in der Nähe des Hofes, dem sogenannten Heimwald, ausgestattet worden, über dessen Nutzung zum Zwecke der Deckung des Gutsbedarfs an Holz und Streu der Bauer uneingeschränkt und kostenlos verfügen konnte. Außerdem gehörten zu den Huben zur Befriedigung und Ergänzung ihrer Hausnotdurft an Holz, Streu und Weide oft noch ausgedehnte Nutzungsrechte im herrschaftlichen, gemeinschaftlichen oder landesherrlichen Wald. Ausmaß und Umfang der jeweiligen Nutzung, die einem Hof zustanden, richteten sich in der Regel nach seiner Größe. Diese Servitute wurden besonders dort zu einer Notwendigkeit, wo die Weide- und Almflächen relativ gering waren. Außerdem besaßen die Dorfbewohner selbst unterschiedlich große Wälder im Gemeinschaftseigentum (Gmain, Gemein oder auch Nachbarschaft genannt), die durch die Mitglieder genutzt wurden. Eine solche Dorfgemeinschaft hatte zusätzlich oft auch noch Nutzungsrechte im herrschaftlichen Wald, insbesondere hinsichtlich der Waldweide und Streunutzung. Der größte Teil dieser alten Gemeinschaftswälder wurde allerdings im Laufe der Jahrhunderte aufgeteilt (heute 10 %). Aufgrund der Bevölkerungsvermehrung kam es im Laufe der Jahrhunderte zur Schwächung des Stands der Bauern durch Aufteilung der Bauerngüter in Halb und Viertellehen. Die Reformen Maria Theresias und Josefs II brachten schließlich insbesondere durch die Trennung des herrschaftlichen vom bäuerlichen Besitz und durch die Grundentlastung 1848 und 1849 eine Beseitigung des Unterschieds zwischen herrschaftlichen und untertänigen Waldungen. Die Untertanen wurden nun wirklich Eigentümer des Grundes und Träger politischer Rechte.
Die Staatsgüter
Im Jahr 1849 erfolgte auch die Trennung der Verwaltung des Staatsbesitzes vom kaiserlichen Privatbesitz. Aufgrund ihrer geschichtlichen Entwicklung, aber auch der damaligen Wirtschaftspolitik, standen die österreichischen Staatsgüter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts unter unterschiedlicher Verwaltung, je nachdem ob es Kameralgüter, Montangüter, Fondsgüter oder Militärgüter waren. Erstere hatten die ausschließliche Bestimmung, eine gute und sichere Kapitalanlage zu bieten und finanzielle Erträge zu liefern. Sie unterstanden deshalb der sogenannten allgemeinen Hofkammer, aus der später das Finanzministerium hervorging. Die Montangüter hatten die spezielle Aufgabe, den Holzbedarf der sehr zahlreichen ärarischen Bergwerke, Hütten und Salinen zu decken und das Montanwesen zu fördern. Sie wurden von der k. k. Hofkammer im Münz- und Bergwesen, dem späteren Montanministerium verwaltet. Die Fondsgüter erlangten eine besondere Bedeutung, als Kaiser Josef aus dem Vermögen der eingezogenen Klöster den Religionsfonds stiftete. Sie hatten aus den gezogenen Gewinnen bestimmte Zweckwidmungen. Die oberste Verwaltung der Militärgüter, die die großen Forste an der Militärgrenze umfasste, oblag dem k. k. Hofkriegsrat, dem Vorläufer des Reichskriegsministeriums.
Bereits unter Kaiser Franz I erfolgten die ersten bedeutenden Verkäufe, die vorerst nur die Kameraldomänen betrafen. Im Jahre 1868 wurde schließlich der Finanzminister durch ein unter Mitwirkung der Volksvertretung zustande gekommenes Gesetz ermächtigt, alle Domänen zu Geld zu machen, wenn nicht bestimmte, genau definierte Gründe dagegensprachen. Durch umfassende Verkäufe ging die Staatswaldfläche zwischen 1855 und 1871 um 67 % zurück. Eine ähnliche Reduktion betraf auch die Fondsgüter. 1925 wurde die Verwaltung der österreichischen Staatswälder neu geregelt und durch ein entsprechendes Gesetz aus den restlichen Waldflächen ein eigener Wirtschaftskörper „Österreichische Bundesforste“ gebildet.
Die Struktur des Waldbesitzes
82 % der Fläche des österreichischen Waldes im privaten Besitz von etwa 140.000 Familienwaldbetrieben. Der überwiegende Teil des Waldes ist mit 50 % ist in Österreich klein strukturiert (< 200 ha). 18 % der österreichischen Waldfläche sind öffentliche Wälder.
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Quellen
- Ein Fachbreitrag von Elisabeth Johann
Elisabeth Johann hat Rechtswissenschaften, Geschichte, Volkswirtschaft, Forstwissenschaft an den Universitäten Wien, München, Freiburg studiert und an Projekten der Universitäten München, Wien, der Universität für Bodenkultur Wien und der Österr. Akademie der Wissenschaften (Umweltmonitoring) mitgearbeitet. Sie hatte eine Vertretungsprofessur an der Universität Freiburg, Arbeitsbereich Forstgeschichte und einen Lehrauftrag an der Universität für Bodenkultur für Internationale Forstgeschichte. 1995 wurde sie zur Leiterin der Fachgruppe Forstgeschichte der IUFRO, des Internationalen Verbandes forstlicher Forschungsanstalten und der Arbeitsgruppe Forstgeschichte des Österreichischen Forstvereins bestellt. Sie ist Autorin bzw. Mitautorin von fünf Büchern und rund vierzig wissenschaftlichen Arbeiten und arbeitet am Projekt »Umweltgeschichte der Stadt Wien« (Holzversorgung und Umweltbewegung).
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