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Rechtliche Rahmenbedingungen zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft
Ein Fachbeitrag von Elisabeth Johann
Der noch im Hochmittelalter herrschende Waldreichtum führte zu einer aus der damaligen Zeit heraus verständlichen Annahme einer gewissen Unerschöpflichkeit der Wälder hinsichtlich ihres Holzvorrats. Von einer Regelung der Waldnutzung kann daher in den ersten Jahrhunderten n. Chr. nicht gesprochen werden, eine Rekultivierung genutzter Waldbestände erfolgte nicht. Bei den riesigen Waldungen, deren Holzvorrat man für unerschöpflich hielt, konnte ein derartiger Gedanke zunächst gar nicht aufkommen. In den Bergbauregionen und in der Umgebung größerer Ansiedlungen führte die zunehmende Nachfrage nach Energie letztlich zu der Wahrnehmung der Verknappung. Da den vorerst nur örtlich auftretenden Holzverknappungen aufgrund hoher Transportkosten nicht von auswärts entgegengetreten werden konnte, kam es zu ersten Ansätzen einer planmäßigen Waldwirtschaft. Eine Reihe von geeigneten Maßnahmen auf gesetzlicher, ordnungspolitischer und nutzungstechnischer Grundlage trugen dazu bei, eine regelmäßige und andauernde, d. h. nachhaltige Deckung des Holzbedarfs sicherzustellen. Das Motiv, das primär zur Forderung nach Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft führte, war also die Sicherung der Nachhaltigkeit der Holzproduktion. Die nachhaltige Sicherung des Waldbestandes im öffentlichen Interesse als Voraussetzung der außerwirtschaftlichen Leistungen des Waldes, insbesondere der Wohlfahrts- und Sozialfunktionen, wie sie heute von der Gesellschaft verlangt werden, ist eine Forderung des 20. Jahrhunderts.
Ordnungspolitische Maßnahmen zur Erhaltung der Vielfachnutzungen
Von einer verantwortungsbewussten örtlichen Planung bezüglich der Verteilung von Wald und Weide sowie von der Waldbewirtschaftung geben bereits die mittelalterlichen Weistümer ein gutes Zeugnis. Sie beruhten auf örtlichem bäuerlichen Gewohnheitsrecht, das meist viel älter war als die schriftlichen Aufzeichnungen. Zu den ersten Aufzeichnungen, die uns erhalten geblieben sind, gehören die Rechte für Ober-Wölbling, Niederösterreich, aus dem Jahre 1331 oder das Banntaiding zu Admont, Steiermark, von 1391, die den Holztransport und -verkauf regelten. Im Laufe der Jahre aber wurde dieses dörfliche Gewohnheitsrecht zunehmend der Aufsicht der Herrschaft und der zuständigen Obrigkeit unterworfen. Neben anderen, die Dorfgemeinschaft betreffenden Regelungen, wurde auch die Art der Nutzung des Gemeinschaftswaldes festgeschrieben. Viele Bestimmungen beziehen sich daher auf die temporäre Brandrodung und ihre Wiederbewaldung. Verbote betrafen besonders das Einweiden von Ziegen. Weitere Schwerpunkte waren die Holzernte, die Bau- und Brennholzauszeige sowie die Organisation des Holztransports. Um eine Übernutzung des Gemeinschaftswaldes zu verhindern, war auch der Holzverkauf reguliert, manchmal auch ganz verboten. Manche Baumarten wie Eiche, Ahorn, Zirbe, Esche, Hasel, Kastanie, Buche, mancherorts auch Lärche und Fichte waren unter besonderen Schutz gestellt. Die älteren Vorschriften ließen in erster Linie Rechte der bäuerlichen Gemeinschaften in den Vordergrund treten. Etwa ab dem 16. Jh. wurden es in erster Linie Pflichten, die die Untertanen der Herrschaft gegenüber zu erfüllen hatten. Damit erlosch auch das Interesse der Bauern an der weitgehend entwerteten Dorfgemeinde und die Zahl der Niederschriften ging zurück, bis sie zu Beginn des 19. Jh. ausblieben.
Die gesetzliche Sicherung der Nachhaltigkeit des Holzertrags
Entsprechend der Priorität, die das Berg- gegenüber dem Waldwesen seitens des Staates genoss, finden sich viele der ältesten Nutzungsregelungen und Bewirtschaftungsvorschriften, die den Wald betreffen, in den Bergordnungen, die vom 14. Jahrhundert an von den Grund-und Landesherren aufgrund der ihnen verliehenen Forst- und Bergregale jeweils für ihren Herrschaftsbereich erlassen wurden. Diese Berg- und Bergwerksordnungen sollten dem ungeordneten Hauen am Berg entgegenwirken und durch entsprechende Weisungen auch den Bergbau ergiebiger gestalten. Stets aber waren darin auch einige Artikel dem Wald gewidmet, dessen Erhaltung in der Nähe von Bergwerken und Schmelzbetrieben für einen rationellen Produktionsablauf notwendig war. Die nachhaltige Sicherung der Holzerträge sollte vor allem durch ein Verbot der Umwandlung von Holzschlägen zu kurzfristigen oder dauernden Weideflächen (Bergwerksordnung von Erzbischof Eberhard II von Salzburg, 1237; Schladminger Bergordnung, 1307), eine quantitäts- und qualitätsmäßige Beschränkung der Nutzung sowie eine Eingrenzung der Holzbezugsberechtigen, die Einhaltung einer gewissen räumlichen Ordnung bei der Anlage der Holzschläge und eine Einflussnahme auf die Baumartenzusammensetzung und Altersstruktur erreicht werden. Mit der Vereinheitlichung aller Bestimmungen durch die Bergwerksordnung für sämtliche Niederösterreichischen Lande schuf Ferdinand I im Jahre 1553 schließlich die Grundlage einer industriellen Waldnutzung unter dem Blickwinkel einer nachhaltigen Sicherung der notwendigen Energie. Auch aus damaliger Sicht konnte dies nur durch die Erhaltung der Waldfläche insgesamt und einer kontrollierten Holznutzung einschließlich einer räumlichen Ordnung im Wald erreicht werden. Das landesfürstliche Reservatrecht auf alle Hoch- und Schwarzwaldungen in Form der so genannten „Kohlwidmungen“ für die Bergbaugebiete, das in dieser Ordnung besonders hervorgehoben wurde, gestattete allerdings eine Regelung der Wirtschaft in den Wäldern nur im Hinblick auf die Erzeugung von Gruben-, Brenn- und Kohlholz, wenngleich es auch für die gesamte Bevölkerung eine Reserve für die Zukunft schaffte.
Neben den verschiedenen „Bergordnungen“, waren es vorwiegend so genannte „Waldordnungen“, die die Waldnutzung, die Waldkultur, die Waldpflege und die Verwaltung bzw. Waldaufsicht regelten. Sie hatten anfangs nur eine lokale Bedeutung, da sie entweder von den Landesherren oder von den einzelnen Grundherrschaften jeweils für ihre Besitzungen erlassen wurden. Enthielten sie anfangs vorwiegend Vorschriften, die die Erhaltung der Waldbestände an sich zum Ziel hatten, so waren es spätestens ab dem 16. Jahrhundert eine Vielfalt waldpfleglicher Maßnahmen, die sich mit Festlegung der Grundgrenzen, der Regelung der Waldaufsicht, der Nutzung, der Waldweide, des Holztransports und des Holzverkaufs befassten und Bestimmungen über die Brandrodungen und den Schutz bestimmter Baumarten, Kulturen und Jungbestände enthielten (z. B. Wienerwald, 1512; Salzburg, 1524; Steiermark, 1695). Während der Regierungszeit Maria Theresias kam es zu einer umfangreichen forstlichen Gesetzgebung in allen Kronländern (z. B. Waldordnung für Kärnten, 1745; Niederösterreich, 1766). Wenn auch das Schwergewicht der einzelnen Bestimmungen auf der Erhaltung eines nachhaltig gesicherten Holzertrags lag, enthielten sie bereits auch gesamtwirtschaftliche Aspekte, wie z. B. das Verbot bzw. die Einschränkung von Rodungen, den Schutz von Jungpflanzen, das Gebot der Wiederverjüngung, das Verbot der Waldverwüstung oder die Genehmigungspflicht von Nutzungen. Dazu gehörten auch die besonderen Bestimmungen für Schutz- und Bannwälder und die Bestimmungen zur Sicherung der Wohlfahrtsfunktionen. Um die Nachhaltigkeit des Holzertrags zu sichern, wurde in einigen Fällen bereits die Schätzung des Vorrates und Ertrages vorgeschrieben, die Einhaltung einer räumlichen Ordnung empfohlen, verschiedene Umtriebszeiten für Nieder-, Mittel und Hochwälder sowie für die einzelnen Holzarten des Auwaldes festgelegt. Zur Wiederbestockung von Schlagflächen oder bereits öder Gründe wurde das Stehenlassen von Samenbäumen angeordnet, manchmal bestand eine Aufforstungspflicht durch Saat oder Pflanzung, ferner wurde die Schonung bestimmter seltener Holzarten vorgeschrieben. Ebenso diente das Verbot des Vieheintriebs sowie das Verbot des Streurechens der Sicherung der jungen Kulturen und das Gebot von Durchforstungen der Stabilisierung zu dichter Bestände. Trotz bestehender Gesetze führte die allgemeine Liberalisierung der Wirtschaft und die steigende Nachfrage nach Holz örtlich zu einer starken Übernutzung und ausgedehnten Kahlflächen. Das zunehmende Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen Sicherung der Wohlfahrtsfunktionen beeinflusste daher die Forstgesetzgebung des 19. Jahrhunderts. Dabei trat die nachhaltige Sicherung der Nutzfunktion zwar nicht in den Hintergrund, die außerwirtschaftlichen Leistungen des Waldes erhielten jedoch einen wesentlich höheren Stellenwert.
Zur gesetzlichen Sicherung der Nachhaltigkeit der Waldfunktionen
Wichtige Schritte im Hinblick auf eine Neugestaltung der Waldwirtschaft waren daher 1853 das kaiserliche Patent betreffend die Ablösung der Servitute und Einforstungsrechte, vor allem jedoch das Reichsforstgesetz vom 3. Dezember 1852 mit Gültigkeit ab 1. Januar 1853. Es sollte der Sicherstellung des Holzbedarfs dienen, wobei jedoch in Abwägung der Interessenslagen die öffentlichen Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der Schutz- und Wohlfahrtsfunktionen, bevorzugt zu berücksichtigen waren. Das Verbot der Waldverwüstung sowie die Wiederaufforstungspflicht, die bisher in einzelnen Landesteilen schon bestanden hatten, wurden nun in ganz Österreich verpflichtend. Katastrophale Hochwässer und Murenabgänge nach Starkregen im Süden des Landes waren der Auslöser für die Publizierung des Gesetzes vom 30. Juni 1884 betreffend Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung der Gebirgswässer. Indem man die ökologischen Interdependenzen zwischen Bewaldung, Art der Bewirtschaftung und Wasserabfluss erkannte und die Aufgabe des Schutzwaldes insgesamt würdigte, schuf dieses Gesetz die Grundlage zu Aufforstungs- und Nutzungsvorschreibungen sowie Bodenbefestigungen. Aus dem Bemühen, die Schutzfunktion des Waldes zu heben, folgten auf Länderebene weitere gesetzliche Maßnahmen (z. B.: Oberösterreich 1924, Salzburg 1895, 1899, Steiermark 1924), die die Walderhaltung u. a. durch die Anmeldepflicht von Kahlschlägen und die Feststellung von Schutzzonen sicherstellen sollten. In den meisten Landesgesetzgebungen wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts auch die Wegefreiheit im Bergland behandelt und diese grundsätzlich – abgesehen von befristeten Sperrgebieten – besonders auch für touristische Zwecke genehmigt. Das forstpolitische Konzept des Forstgesetzes vom 3. Juli 1975, novelliert 2002, mit dem das Forstwesen geregelt wird, besteht in der Sicherstellung der vielfachen Wirkungen des Waldes für die Gegenwart und Zukunft. Sie bestehen in der Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungswirkung. Als die wichtigste Aufgabe sieht man den möglichsten Ausgleich der den Wald betreffenden Anspruchskonflikte. Dabei kommen den Bestimmungen zur Erhaltung der Nachhaltigkeit der Gesamtheit der Waldwirkungen besondere Bedeutung zu.
Rechtliche Rahmenbedingungen
In Österreich sind die Wälder, obwohl sie großteils Privatbesitz sind, mit wenigen Ausnahmen öffentlich zugänglich. Das Forstgesetz regelt in Österreich die Nutzung und Vielfachnutzung der Wälder und ist streng auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Ein Hauptziel des Gesetzes ist daher die Sicherung der Nachhaltigkeit des Holzertrags sowie die Sicherung der Nachhaltigkeit der Waldfunktionen.
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Quellen
- Ein Fachbreitrag von Elisabeth Johann
Elisabeth Johann hat Rechtswissenschaften, Geschichte, Volkswirtschaft, Forstwissenschaft an den Universitäten Wien, München, Freiburg studiert und an Projekten der Universitäten München, Wien, der Universität für Bodenkultur Wien und der Österr. Akademie der Wissenschaften (Umweltmonitoring) mitgearbeitet. Sie hatte eine Vertretungsprofessur an der Universität Freiburg, Arbeitsbereich Forstgeschichte und einen Lehrauftrag an der Universität für Bodenkultur für Internationale Forstgeschichte. 1995 wurde sie zur Leiterin der Fachgruppe Forstgeschichte der IUFRO, des Internationalen Verbandes forstlicher Forschungsanstalten und der Arbeitsgruppe Forstgeschichte des Österreichischen Forstvereins bestellt. Sie ist Autorin bzw. Mitautorin von fünf Büchern und rund vierzig wissenschaftlichen Arbeiten und arbeitet am Projekt »Umweltgeschichte der Stadt Wien« (Holzversorgung und Umweltbewegung).
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