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Bioenergie und ihre Bedeutung

Aktuelle Literaturrecherche der Redaktion „Die Ökoenergie“ zu Bioenergie und ihrer Bedeutung für Klimaschutz, Energiewende, Biodiversität und regionale Wertschöpfung

Der Weltklimarat IPCC wurde gegründet, um politischen Entscheidungsträgern regelmäßige wissenschaftliche Bewertungen zum Klimawandel, seinen Auswirkungen und Risiken zu liefern sowie um Minderungs- und Anpassungsstrategien zusammenzutragen und aus wissenschaftlicher Sicht zu bewerten. Die Sachstandsberichte des IPCC werden in der Wissenschaft als glaubwürdigste und fundierteste Darstellung bezüglich des naturwissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Forschungsstandes über das Klima und seine Veränderungen betrachtet. Zur Erstellung seiner Sachstands- und Sonderberichte beruft der IPCC tausende Wissenschaftler aus aller Welt.

Der IPCC Sonderbericht von 2019 über Klimawandel und Landflächen [1] kommt zu dem Ergebnis, dass der Mensch inzwischen über 70 Prozent der globalen eisfreien Landoberfläche umgestaltet hat. Wir nutzen ein Viertel bis ein Drittel dessen, was Sonne, Wasser und Erde über die Photosynthese als Nahrung, Futter, Faserstoff, als Holz und als Energieträger produzieren. Insgesamt gibt es heute mehr Grün auf der Welt, denn die Photosyntheserate hat flächenmäßig in den letzten drei Jahrzehnten insgesamt messbar zugenommen („greening“). Dort, wo sie abgenommen hat („vegetation browning“), ist meistens Wasserstress die Ursache.

Die Landfläche der Erde setzt Kohlenstoff in Form von CO2 in großer Menge um. Während durch bestimmte landwirtschaftliche Aktivitäten – hauptsächlich Reisanbau, Wiederkäuerhaltung und Düngung – mehr Methan (CH₄) und Lachgas (N₂O) freigesetzt als gebunden werden, nehmen die Pflanzen und der Boden der Erde jährlich 6.0 ±2.6 Milliarden Tonnen mehr an CO2 auf, als sie abgeben. Die Vegetation – inklusive der menschlichen Landnutzung – entzieht also der Atmosphäre in beträchtlicher Menge CO2 und bremst damit die Klimaerhitzung.

Global betrachtet, gibt es eine negative „carbon debt“, also eine Kohlenstoffbindung auf der Landfläche. Wenn man die Wirkung von Methan und Lachgas dazuzählt, bilanziert das gesamte Landsystem hinsichtlich seines Treibhausgashaushaltes in Summe neutral, obwohl es Rohstoffe, Nahrungsmittel und Energie für eine stark steigende Weltbevölkerung bereitstellt. Die Anreicherung von CO2 in unserer Atmosphäre und damit die Klimaerhitzung stammt also in Summe aus der Verbrennung der fossilen Kohlenstoffbestände der Erdkruste – von Kohle, Öl und Erdgas.

Es ist allerdings unklar, ob das Landsystem bei steigender Temperatur weiterhin so viel CO2 aufnehmen kann. Die Experten warnen, dass die Stabilität der Nahrungsmittelversorgung abnehmen wird und Hungersnöte weltweit zunehmen werden, wenn die Durchschnittstemperatur weiter steigt. Denn die Ökosysteme geraten durch den fortschreitenden Klimawandel, Wetterextreme und die zunehmend anspruchsvolleren Ernährungsgewohnheiten der wachsenden Weltbevölkerung unter Druck.

 

Nachhaltige Forstwirtschaft und Bioenergie helfen bei Klimazielen

Der IPCC stellt aber unmissverständlich klar, dass nachhaltige Forstwirtschaft („forest management“) die negativen Folgen der Klimaänderung begrenzen kann und – wenn man die Klimaziele von Paris erreichen will – es einer Kombination aus Aufforstung, verminderter Entwaldung und Bioenergienutzung bedarf. Zur Einhaltung der Klimaziele muss man mehr Land für die Produktion von Bioenergie nutzen, und zwar umso mehr, je niedriger der Temperaturanstieg letztlich ausfallen soll. Je geringer die Fläche, auf der Bioenergie produziert wird, desto höher der erwartete Temperaturanstieg.

Nabuurs (2017 [2]) kommt aufgrund umfangreicher Literaturrecherchen zum Ergebnis, dass „klimasmarte“ Forstwirtschaft in der EU, basierend auf nachhaltiger Bewirtschaftung der Wälder, der Bereitstellung von Holzbaustoffen, Holzprodukten und Bioenergie, ihren aktuellen CO2-Minderungseffekt von jährlich 569 Millionen Tonnen noch um weitere 441 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr steigern könnte. Über die Auswirkungen möglicher Nutzungsintensivierung auf die Kohlenstoffspeicher der Landfläche und die Wirkungen der Kohlenstoffspeicherung und Substitutionseffekte verschiedener Nutzungsarten herrscht seit Jahren ein wissenschaftlicher Diskurs. Aktuell wird dieser, ausgelöst durch Kampagnen zum Zweck der Außernutzungsstellung von Waldflächen und der anstehenden Weichenstellungen in der EU-Energiepolitik, breit in der Öffentlichkeit diskutiert.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass eine verstärkte Bioenergienutzung nicht nur für den Klimaschutz erforderlich, sondern auch mit Biodiversitäts- und Waldschutz vereinbar ist bzw. dass positive Effekte nachgewiesen werden können. Untersuchungen in Nordamerika (Dwivedi et al., 2019 [3]) haben nachgewiesen, dass die Nutzung von Waldbeständen nach einer bestimmten Zeitperiode zu höheren CO2-Einsparungen führt als die Nichtnutzung. Der Einsatz von Bioenergie verringert diese Zeitspanne: Während sie in einem Szenario mit Zellstoffnutzung im Bereich von ein bis zwei Jahrzehnten liegt, reduziert der Einsatz von Biomasse (Pelletsproduktion zur Verstromung) diese Periode auf zwei bis drei Jahre.

Für Mitteleuropa zeigen sich ähnliche Ergebnisse. Schulze (et al., 2019 [4]) beziffert die Effekte der nachhaltigen Holznutzung in Mitteleuropa zur Treibhausgaseinsparung mit 3.2 bis 3.5 Tonnen CO2äq pro Hektar und Jahr, wobei etwa 1.9 bis 2.2 Tonnen CO2äq auf Bioenergie zurückzuführen sind. Im Vergleich dazu trägt ein ungenutzter Wald ohne Bewirtschaftung nur zu 0.37 Tonnen CO2äq pro Hektar und Jahr zum Klimaschutz bei.

Der Bioenergieeinsatz konnte in der Europäischen Union seit 2000 mehr als verdoppelt werden und lag 2018 bei 145 Millionen Tonnen Öleinheiten (Eurostat). Das nachhaltig verfügbare Potenzial liegt nach einer Literaturrecherche zwischen 169 und 737 Millionen Tonnen Öleinheiten [5]. Die betreffende Studie kommt zum Schluss, dass in Summe (Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Abfälle und Reststoffe) unter Berücksichtigung verschiedener Einschränkungen ein mittleres Potenzial von 406 Millionen Tonnen Öleinheiten an Biomasse zur Verfügung steht. Dies entspricht etwa 25 Prozent des Energieeinsatzes der EU im Jahr 2016.

Wernick (et al., 2021 [6]) hat festgestellt, dass der in Europas Wäldern gespeicherte Kohlenstoff über die letzten 25 Jahre zugenommen hat und kommt zum Ergebnis, dass die Nutzung von Bioenergie auf Basis von Nebenprodukten erfolgt und keine Kahlschläge oder Entwaldungen auslöst. In waldreichen Ländern wie Schweden, Finnland und Österreich zeigen die nationalen Waldinventuren und Energiestatistiken, dass die Steigerung des Bioenergieeinsatzes mit einer Erhöhung der Holzvorräte im
Wald einherging. Favero (et al, 2020 [7]) kommt zum Schluss, dass eine gesteigerte Bioenergienachfrage infolge der dadurch forcierten Aufforstungen zu einer größeren Erhöhung der Kohlenstoffvorräte führt, als in Szenarien ohne Bioenergie.

 

Bioenergie und Biodiversität

Nicht nachhaltige Bewirtschaftung oder die Nutzung von Urwäldern bedingen das Risikovon Biodiversitätsverlusten. Eine Förderung der Bioenergienutzung und der Schutz von Waldflächen kann zugleich zu einer Erhöhung der CO2-Speicherung und zum Schutz von Primärwäldern führen. Der Einfluss der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der damit verbundenen Nutzung von Biomasse für energetische Zwecke auf die Biodiversität ist unbestritten. Sabatini (et al., 2018 [8]) kommt zum Ergebnis, dass die Auswirkungen bei nachhaltiger Bewirtschaftung (positiv oder negativ) nicht eindeutig und global zu beziffern sind, sondern auf Bestandesebene bewertet werden müssen.

Fahrig (2020 [9]) sieht unterschiedliche Nutzungsformen auf kleiner Fläche, wie sie der mitteleuropäischen Waldnutzung entsprechen, gegenüber großflächigen Nutzungen im Vorteil. Für Schulze (et al., 2015 [10]) sind neben einem begrenzten Anteil unbewirtschafteter Wälder, die sich erst über Jahrhunderte zu wirklichen Urwäldern entwickeln werden, vor allem nachhaltig und unterschiedlich genutzte Wälder für die Biodiversität von Bedeutung. Für Arten mit besonderen Habitat-Ansprüchen könnten alternative Schutzprogramme nötig sein, um spezielle Lebensräume zu bieten.

Schall (et al., 2020 [11]) zeigt für Buchenwälder, dass die Kombination einer feinkörnigen Waldbewirtschaftung wie Einzelstammentnahmen und die Außernutzungsstellung von Wirtschaftswald auf Landschaftsebene die regionale Waldbiodiversität eher verringert als verbessert. Die herkömmliche Bewirtschaftung fördert die regionale Biodiversität.

 

Bioenergie-Potenziale

In Österreich werden jährlich etwa 45 Millionen Tonnen Biomasse (Kalt et al., 2014 [12]) umgesetzt, etwa 12 Millionen Tonnen werden energetisch verwertet, großteils erfolgt zuvor eine stoffliche Nutzung. Die Daten dieser Studie stammen von 2011 und entsprechen einer Primärenergiebereitstellung von 233 PJ. Eine aktuelle Potenzialanalyse (Dießauer et al., 2019 [13]) hat errechnet, dass in Österreich etwa 450 PJ Bioenergie nachhaltig bereitgestellt werden könnten. Eine Analyse der publizierten Energiewendeszenarien zeigt jedoch, dass bis 2050 nur zwischen 50 und 76 Prozent dieses Potenzials am Energiemarkt abgesetzt werden könnte (Pfemeter et al., 2019 [14]).

Kranzl (et al., 2018 [15]) hebt hervor, dass sich der Biomasseeinsatz im Raumwärmebereich trotz massiver Erhöhung der Biomassekesselverkäufe aufgrund wärmerer Winter, besserer Gebäudedämmung und effizienterer Heizgeräte rückläufig entwickeln wird. Ein in der Studie durchgeführter Kostenvergleich zeigt zudem auf, dass Biomasseheizungen bei einem sehr geringen Risiko von Preissteigerungen für die meisten Gebäudetypen zu den günstigsten Heizmöglichkeiten zählen. Eine Analyse der Feinstaubemissionen im Raumwärmebereich (Schwarz et al., 2019 [16]) hebt hervor, dass sich diese durch den Einsatz moderner Biomasse-Kesseltechnik um mehr als 80 Prozent reduzieren lassen.

Der Vergasung von Biomasse und Aufbereitung zu einspeisefähigem Erdgas oder flüssigen Biotreibstoffen wird großes Potenzial beigemessen. Die aufbringbare Gasmenge liegt im Bereich der Hälfte des aktuellen Gasverbrauchs in Österreich [13]. Im Bereich der Bereitstellung flüssiger Biotreibstoffe könnte der komplette land- und forstwirtschaftliche Maschinenpark auf Fischer-Tropsch-Treibstoffe auf Basis Energieholz umgestellt werden. Dies hätte zwar geringfügig höhere Treibstoffkosten und Investitionen von 2 Milliarden Euro zur Folge, würde aber Kosten von über 20 Milliarden Euro einsparen, die in eine neue Traktorenflotte mit alternativen Antrieben investiert werden müssten (Hofbauer et al., 2020 [17]).

Bioenergie zählt sowohl im Wärme-, Strom- und Treibstoffsektor zu den günstigsten Möglichkeiten, Treibhausgasemissionen einzusparen und weist in einigen Bereichen sogar negative CO2-Vermeidungskosten auf (Strasser et al., 2019 [18]). Mit der Kombination von Holzbau und hocheffizienter Bioenergie kann der Atmosphäre durch die Nutzung 1 Tonne biogenen Kohlenstoffs mehr als 1 Tonne Kohlenstoff entzogen werden (negative Treibhausgasemissionen). Diese Kombination weist deutliche Vorteile gegenüber energieintensiven stofflichen Nutzungskaskaden auf (Lettner et al., 2017 [19]).

Bioenergie erzielt im Wärmebereich eine sehr hohe regionale Wertschöpfung, die deutlich über jener von fossilen Energien liegt (Höher et al., 2015 [20]). Sind beispielsweise für einen Scheitholzkessel, der von einem regionalen Biomassehof beliefert wird, insgesamt etwa 143 Arbeitskräftestunden pro TJ Brennstoff an regionaler Beschäftigung notwendig, um die Versorgungskette vom Wald bis zum Betrieb und zur Wartung der Heizanlage langfristig aufrechtzuerhalten, so sind es für Versorgung, Wartung und Betrieb eines Ölkessels 21 regionale Arbeitskräftestunden.

 

Forstliche Biomasse erzielt negative Emissionen

Ein internationales Team aus 28 Wissenschaftlern und zwölf Nationen hat sich in einer umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit (Cowie et al., 2021 [21]) den aktuellen Wissensstand zu den Auswirkungen der Bioenergie auf die Erreichung der Klimaziele zusammengetragen und kommt zu folgendem Ergebnis: Die Nutzung nachhaltiger forstlicher Biomasse zur Energiegewinnung (Wärme, Strom oder Kraftstoffe) kann den Verbrauch fossiler Brennstoffe kurzfristig effektiv reduzieren und dazu beitragen, die Nutzung fossiler Brennstoffe in Technologien und Infrastrukturen, die auf diese angewiesen sind, schrittweise einzustellen.

Darüber hinaus kann Bioenergie aus dem Wald (in Kombination mit CO2-Abscheidung oder Biokohlenutzung) negative Emissionen bereitstellen, die aller Voraussicht nach erforderlich sind, um das langfristige Temperaturziel des Pariser Abkommens zu erreichen. Im Folgenden eine Kurzzusammenfassung.

Verlässliche & klimaaktive Energie aus Holz

Holz als CO2-neutraler Energieträger liefert krisensichere Wärme aus der Region, bietet Wertschöpfung im eigenen Land und leistet einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz.

Die Hälfte aller Haushalte in Österreich – also mehr als 1.5 Mio. – heizen mit Holz in Form von Scheitholz, Briketts, Hackgut oder Pellets. Die Energieversorgung mit Holz ersetzt jedes Jahr die Verbrennung von 4.5 Mrd. Liter Heizöl. 45 Mrd. kWh Holzenergie ersparen jährlich Ausstoß von 12 Mio. t fossilem CO2 .

Zukunftssichere Holzenergie

  • Holzenergie schafft Versorgungssicherheit
  • Holz ist in der Menge gut verfügbar, gut speicherbar und überdies wächst in Österreich deutlich mehr Holz nach, als geerntet wird
  • Holz ist vor allem auch regional verfügbar, muss nicht weit transportiert werden sondern wächst in Österreich praktisch überall vor Ort
  • Holzenergie ist aktuell bereits die wichtigste erneuerbare Energiequelle
  • Holzenergie ist CO2– und damit klimaneutral und schützt damit das Klima
  • Holzenergie ist in die nachhaltige Wald- und Holzwirtschaft integriert
  • Holzenergie bedeutet Wertschöpfung in Österreich und sichert Arbeitsplätze
  • Holzenergie ist damit ein wichtiger Bestandteil der Bioökonomie

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Nachhaltige Waldwirtschaft sichert Kohlenstoffvorrat und Wachstum

Eine gesteigerte Nachfrage nach Biomasse kann – nachhaltige Waldnutzung vorausgesetzt – Aufforstungen stimulieren. Dies sichert die Holzproduktion und führt zu zusätzlicher Kohlenstoffspeicherung. In bestehenden Wäldern kann die Bioenergienachfrage (bei Belassen der grünen Ast- und Nadelmasse [22]) dazu beitragen, das Wachstum zu fördern (z. B. verbesserte Standortvorbereitung, schneller wachsende Baumarten, Düngung), dies verbessert die Klimawirkung von Wäldern. Ein gutes Beispiel ist Schweden, das im 19. Jahrhundert auf weiten Flächen entwaldet war.

Durch die intensive nachhaltige Waldbewirtschaftung wurde der Rückgang der Waldfläche wieder umgekehrt. Das Bestandsvolumen der schwedischen Wälder hat sich in den letzten 100 Jahren verdoppelt, während die jährliche Ernte zugenommen hat. Dieses Ergebnis wurde durch die Forstpolitik unterstützt, die sicherstellt, dass die Ernte das Wachstum nicht übersteigt und die Wälder nach der Ernte regeneriert werden. In Dänemark, Finnland und im Südosten der USA ist ein ähnlicher Trend zu einem erhöhten Kohlenstoffvorrat bei gleichzeitiger Zunahme der Holzernte zu verzeichnen. Die Existenz eines Bioenergiemarktes kann die finanzielle Tragfähigkeit der Durchforstung verbessern, welche die Produktion von hochwertigem Holz mit den genannten
Klimavorteilen durch Produktsubstitution stimuliert.

Darüber hinaus kann die Gewinnung von (ansonsten ungenutzter) Biomasse geringerer Qualität (z. B. Schadholz, überalterte Bestände) die Häufigkeit und Schwere von Waldbränden und den damit verbundenen Waldverlust reduzieren.

 

Schornsteinemissionen nicht ausschlaggebend

Moderne Bioenergienutzung kann den Nachteil der geringeren chemischen Energiedichte von Holz im Vergleich zu fossilen Energien mehr als ausgleichen. Die Auswirkung einer Umstellung von fossilen Brennstoffen hin zu Biomasse auf die atmosphärische CO2-Konzentration kann nicht durch einen Vergleich der CO2-Emissionen zum Zeitpunkt der Verbrennung (Schornsteinemissionen) bestimmt werden. Ein derartiger Vergleich setzt die Biomasseernte mit Entwaldung gleich, die einen dauerhaften Kohlenstofftransfer vom Land in die Atmosphäre verursacht.

Bioenergie ist ein integrierter Bestandteil der nachhaltigen Waldbewirtschaftung, die zu einem Kohlenstofftransfer von der Atmosphäre in Landkohlenstoff führt. Die Schornsteinemissionen pro erzeugter kWh Energie variieren zudem deutlich mit der eingesetzten bzw. ersetzten Technik. Kleinere Biomassekraftwerke können einen geringeren elektrischen Umwandlungswirkungsgrad haben als große Kohlekraftwerke, aber da es sich in der Regel um Anlagen mit Wärmenutzung handelt, drängen sie auch die Wärmeerzeugung aus fossilen Brennstoffen zurück. Selbst bei einem reinen Brennstofftausch erhöhen sich die Schornsteinemissionen nur im geringen Umfang, weil die eingesetzte Biomasse aufgrund ihres höheren Feuchtigkeitsgehalts zu besseren Wirkungsgraden führen kann.

 

Betrachtung eines Einzelbaumes oder Bestandes irreführend

Die Betrachtung eines einzelnen Baumes oder einzelnen Bestandes zur Ableitung der Klimaeffekte von Bioenergie ist unzulässig. Derartige Bewertungen liefern inkonsistente Ergebnisse und können als Grundlage für die Beurteilung der Klimafolgen von Waldsystemen und der bereitgestellten Holzprodukte irreführend sein. Für Biomasse, die als Koppelprodukt aus Wäldern zur Holzproduktion gewonnen wird, ist die relevante Referenz im Allgemeinen nur die Waldbewirtschaftung, wobei Durchforstungs- und Ernterückstände vor Ort zersetzt (oder verbrannt) werden. Eine Bewertung von forstlich genutzter Biomasse muss auch die Auswirkungen der Waldbewirtschaftung auf Kohlenstoffvorräte im Wald, auf die Bereitstellung von Produkten und die erzielten Substitutionseffekte beinhalten.

 

Biomassetransport hat nur geringe Bedeutung für Emissionen

Der Beitrag des überregionalen Transports von Biomasse zu den Treibhausgasemissionen wird häufig überschätzt. Besonders die Verfrachtung mittels Hochseeschifffahrt ist im Vergleich zum Lkw-Transport sehr effizient. Der Pelletstransport von Nordamerika nach Europa erhöht die Treibhausgasemissionen der Lieferkette um 3 bis 6 g CO2/MJ. Beim Lkw-Transport von getrocknetem Hackgut oder Pellets über 500 Kilometer entstehen zwischen 3 und 15 g CO2/MJ. Im Vergleich dazu liegen die Emissionsfaktoren für die Kohleverbrennung bei 96 g CO2/MJ und 16 g CO2/MJ für die Bereitstellung.

 

Bioenergie im Energiesektor CO2-neutral zu werten, ist korrekt

Dies mag als ungenaue Vereinfachung erscheinen, der Ansatz ist jedoch notwendig, um Doppelzählungen zu vermeiden, da alle CO2-Emissionen im Zusammenhang mit der Holzernte bereits im Sektor „Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (LULUCF) gezählt werden. Die Bioenergie kann sich positiv, aber auch negativ auf die Atmosphäre auswirken. Die Berichtspflichten der UNFCCC legen fest, dass CO2-Emissionen im Zusammenhang mit der Verbrennung von Biomasse im Landnutzungssektor gezählt werden, also am Ort der Ernte. Sie werden daher im Energiesektor mit null ausgewiesen, um Doppelzählungen zu vermeiden [23]. Dieser Berichtsansatz ist korrekt, lückenlos und geht nicht davon aus, dass Bioenergie klimaneutral ist. Das Risiko von Doppelzählungen und Auslassungen von Emissionen besteht allerdings beim Import von Biomasse aus Ländern, die nicht dem Kyoto-Protokoll unterliegen. Es werden daher einheitliche Regeln vorgeschlagen, die sicherstellen, dass alle Parteien den Landsektor umfassend und transparent in der Berichterstattung und Bilanzierung berücksichtigen.

 

Irreführende Schlussfolgerungen gefährden Energiewende

Irreführende Schlussfolgerungen zu Klimawirkungen forstlicher Bioenergie können Studien ziehen, die auf die Emissionen am Ort der Verbrennung fokussieren oder nur Kohlenstoffbilanzen einzelner Waldbestände berücksichtigen. Gleiches gilt, wenn kurzfristige Minderungsbeiträge über langfristigen Nutzen gestellt werden oder Wechselwirkungen außer Acht gelassen werden, die Klimawirkungen der forstlichen Bioenergie beeinflussen. Berechnungen der Amortisationszeit (carbon payback time, carbon debt) werden von subjektiven Methodenwahlen beeinflusst und spiegeln nicht den Beitrag der Bioenergie innerhalb eines Portfolios von Minderungsmaßnahmen wider. Daher ist es weder möglich noch angemessen, einen generischen Wert für die maximal akzeptable Amortisationszeit für bestimmte Nutzungsoptionen forstlicher Bioenergie anzugeben.

Zum Weiterlesen

Holz als zukunftssichere Energieversorgung
Kohlenstoffnutzung und Klimaschutz – negative Emissionen mit Bioenergie
Energetische Verwertung von Holz

Zum Nachlesen

Literatur

[1] IPCC (2019): An IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems
[2] Nabuurs, G.-J. et al. (2017): By 2050 the Mitiga- tion Effects of EU Forests Could Nearly Double through Climate Smart Forestry
[3] Dwivedi, P. et al. (2019): Is wood pellet-based elect- ricity less carbon-intensive than coal-based electricity? It depends on perspectives, baselines, feedstocks, and forest management practices
[4] Schulze, E.-D. et al. (2019): The climate change mitigation effect of bioenergy from sustainably mana- ged forests in Central Europe
[5] Faaij, A. (2018): Securing sustainable resource avai- lability of biomass for energy applications in Europe; review of recent literature
[6] Wernick, I. K. et al. (2021): Quantifying forest change in the European Union
[7] Favero, A. et al. (2020): Forests: Carbon sequestra- tion, biomass energy, or both?
[8] Sabatini, F. M. (2018): Trade-offs between carbon stocks and biodiversity in European temperate forests
[9] Fahrig, Lenore (2019): Why do several small patches hold more species than few large patches?
[10] Schulze, E.-D.; Ammer, C. (2015): Konflikte um eine nachhaltige Entwicklung der Biodiversität: Spannungs- feld Forstwirtschaft und Naturschutz
[11] Schall, P. et al. (2020): Can multi-taxa diversity in European beech forest landscapes be increased by com- bining different management systems?
[12] Kalt, G.; Amtmann, M. (2014): Biogene Material- flüsse in Österreich – Derzeitiger Stand und Perspektiven für eine verstärkte stoffliche Nutzung von nachwach- senden Rohstoffen in den Bereichen Biokunststoffe und Dämmstoffe
[13] Dißauer, C. et al. (2019): Machbarkeitsuntersuchung Methan aus Biomasse
[14] Pfemeter, C. et al. (2019): Bioenergie-Atlas Öster- reich 2019
[15] Kranzl, L. et al. (2018): Wärmezukunft 2050. Erfor- dernisse und Konsequenzen der Dekarbonisierung von
Raumwärme und Warmwasserbereitstellung in Österreich [16] Schwarz, M. et al. (2019): Factsheet Staubemissio- nen. Aktuelle Daten und Ausblick auf 2050
[17] Technische Universität Wien. Institut für Verfah- renstechnik, Umwelttechnik & Technische Biowissen- schaften (2020): Hofbauer, H. et al.: Reallabor zur Her- stellung von Holzdiesel und Holzgas aus Biomasse und biogenen Reststoffen für die Land- und Forstwirtschaft
[18] Strasser, C. et al. (2019): CO2-Einsparungskosten – Analyse der Sektoren Mobilität und Wärmebereitstellung
[19] Lettner, M. et al. (2017): Szenarien zu CO2-Ein- sparungen bei der Produktion von Holzprodukten. Eine exemplarische Analyse der Rolle der Bioenergie für die österreichische Forst- und Holzwirtschaft
[20] Höher, M. et al. (2015): Regionale Wertschöpfung und Beschäftigung durch Energie aus fester Biomasse
[21] Cowie, A. L. et al. (2021): Applying a science-based systems perspective to dispel misconceptions about climate effects of forest bioenergy
[22] Sterba, H. (1988): Increment losses by full-tree har- vesting in Norway spruce (Picea abies). Forest Ecology and Management, 24(4), 283-292
[23] IPPC (2019): Goodwin, J.; Gillenwater, M.; Romano, D.; Radunsky, K.: 2019 Refinement to the 2006 IPCC Gui- delines for National Greenhouse Gas Inventories. Volume 1: General Guidance and Reporting. Chapter 1: Introduction to National GHG Inventories

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