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Erhaltung der Esche aufgrund ihrer Gefährdung durch das Eschentriebsterben

Ein Fachbeitrag von Univ. Prof. DI Dr. Thomas Kirisits, Ass. Prof. Dipl.-Forstwirt Dr. Raphael Klumpp, DI Christian Freinschlag, Ing. Andreas Pfister, Mag.a Dr.in Katharina Schwanda, Mag.a Karoline Zsak, DDI Dr. Gregor M. Unger und DI Dr. Heino Konrad

Aufgrund des seit 2005 in Österreich bekannten Eschentriebsterbens wird die Esche mehr und mehr zu einer gefährdeten Baumart. Durch Resistenzzüchtung und Erhaltungsmaßnahmen soll ihr Fortbestand sichergestellt werden.

Das Eschentriebsterben

Das Eschentriebsterben wird von einem aus Ostasien eingeschleppten Schlauchpilz, dem Eschen-Stengelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus), hervorgerufen. Abgesehen von Symptomen an Blättern, Trieben, Zweigen und Ästen, ruft der Krankheitserreger auch Rindennekrosen und Holzverfärbungen am Stammfuß, Wurzelhals und Wurzeln hervor. Hallimasch-Arten besiedeln die geschwächten Eschen meist als Folgeschädlinge, und reduzieren durch Zersetzung von Wurzeln und Wurzelstock deren Standfestigkeit. Viele erkrankte Bäume sterben ab, jüngere innerhalb weniger Jahre, ältere nach jahrelangem Krankheitsverlauf.

 

Einflussfaktoren beim Eschentriebsterben

Die große schädigende Wirkung des Eschentriebsterbens in Europa kann dadurch erklärt werden, dass Hymenoscyphus fraxineus ein eingeschleppter Krankheitserreger ist, gegenüber dem europäische Eschen eine geringe Widerstandskraft entwickelt haben. Die europaweit wichtige Gemeine Esche und die in Österreich vor allem in den March-Auen vorkommende Quirl-Esche sind hochanfällig für die Krankheit. Abgesehen von Eschen-Art und ‑Genotyp wird die Krankheitsintensität durch weitere Faktoren beeinflusst. Je mehr Eschenlaub (wo der Pilz seine Fruchtkörper und Sporen bildet) sich in der Bodenstreu ansammelt, umso höher ist der Infektionsdruck und umso gefährdeter sind Eschen. Auch das Vorhandensein von Hallimasch-Arten als sekundäre Krankheitserreger ist von Bedeutung.

Darüber hinaus ist Hymenoscyphus fraxineus stark von klimatischen Faktoren abhängig. Einerseits ist der der Pilz empfindlich gegenüber Trockenheit und Hitze, andererseits fördern Niederschläge und Bodenfeuchtigkeit die Sporulation, Infektion und das Auftreten von Stammfuß-Nekrosen. Die Krankheitsintensität ist daher umso größer, je ausgeprägter der Waldcharakter, je höher der Eschenanteil, je feuchter der Standort, je niederschlagsreicher der Sommer und je höher der Infektionsdruck durch Hallimasch-Arten ist. Das erklärt, warum Solitärbäume und Eschen in der Kulturlandschaft häufig nur gering vom Eschentriebsterben betroffen sind.

 

Triebsterben-resistente Eschen

Einzelne Eschen werden trotz hohem Infektionsdruck zwar befallen, aber nur gering geschädigt. Diese Individuen weisen eine erhöhte, genetisch bedingte Resistenz auf, die von Elternbäumen auf ihre Nachkommen vererbt wird. Solche Eschen mit vererbbarer hoher Krankheitsresistenz sind die Grundlage für eine natürliche Anpassung der Eschenpopulationen an den Erreger. Diese Anpassung kann durch Resistenzzüchtung und Erhaltungsmaßnahmen unterstützt und beschleunigt werden.

Esche ökologisch und ökonomisch bedeutend

Die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) ist die zweithäufigste Laubbaumart im österreichischen Ertragswald. Sie besitzt hohe Standorttoleranz und enormes Anpassungspotential. Die Esche zählt zu den wertvollsten Hölzern europäischer Edellaubbaumarten.

Die Esche ist in ihrer Existenz bedroht

  • Durch das Auftreten und die rasante Ausbreitung einer oft tödlichen neuartigen Pilzkrankheit in Europa.
  • Der Pilz Hymenoscyphus pseudoalbidus (Falsches Weisses Stengelbecherchen) dringt ins Holz der Bäume ein und ruft eine Pilzinfektion der Leitungsbahnen hervor. Dadurch wird der Transport von Nährsalzen und Wasser von der Wurzel bis in die Krone unterbunden. Die Esche stirbt langsam ab.
  • Der Eschentriebsterben-Erreger verursacht ein schwerwiegendes, ökologisches und ökonomisches Problem für die Forst- und Holzwirtschaft und den Naturschutz.
  • Ein flächiger Ausfall jüngerer Altersklassen gefährdet die nachhaltige Waldwirtschaft mit der Baumart Esche.

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Projekt „Esche in Not“

Das BFW-BOKU-Kooperationsprojekt „Esche in Not“ (mit Unterstützung von Bund, Ländern, Landwirtschaftskammer und Forstverein) zielt seit 2015 darauf ab, krankheitsresistente Gemeine Eschen in ganz Österreich zu identifizieren, zu vermehren und sie zur Resistenzzüchtung zu verwenden.

Im BFW-Versuchsgarten (Tulln, NÖ) wurden vier Testflächen mit insgesamt 35.718 Nachkommen von gering geschädigten Eschen (715 Mutterbäume) aus stark befallenen Waldbeständen angelegt. Unter natürlichen Infektionsbedingungen wurde bzw. wird der Gesundheitszustand der Pflanzen drei Jahre lang dokumentiert, wodurch auf ihr Resistenzniveau rückgeschlossen werden kann. Darüber hinaus sollen molekulargenetische Merkmale, hohe Resistenz nach künstlicher Infektion mit dem Eschentriebsterben-Erreger und mit Hallimasch-Arten sowie forstlich relevante Merkmale (Stamm- und Kronenform sowie Wüchsigkeit) für die Auswahl der besten Bäume herangezogen werden.

In den nächsten Jahren werden die resistentesten Eschen für eine Samenplantage ausgewählt, die in ungefähr 15 Jahren erstmals Saatgut zur Anzucht von genetisch vielfältigen Pflanzen mit befriedigend hoher Krankheitsresistenz erzeugen soll.

www.esche-in-not.at

 

Projekt „QEsche“

Seit 2018 läuft ein ähnliches BFW-BOKU-Kooperationsprojekt („QEsche“; mit Unterstützung von Bund, Ländern und EU) zur Resistenzzüchtung und Erhaltung der Quirl-Esche. In den Marchauen wurden 99 junge und sieben ältere Bäume ausgewählt und über Stecklinge, Saatgut und mittels Pfropfung vermehrt. Im Jahr 2022 wurden in den Marchauen zwei Versuchsflächen mit diesen Pflanzen angelegt.

www.bfw.gv.at/resistenz-quirl-esche

 

Artenschutzprogramm im Nationalpark Donau-Auen

Im Nationalpark Donau-Auen läuft im Rahmen des Programms „Ländliche Entwicklung“ (mit Unterstützung des Landes NÖ und der EU) ein Artenschutzprogramm für die Gemeine Esche. Der im Nationalpark praktizierte Prozessschutz ohne forstliche Eingriffe bietet auf großer Fläche die Chance, dass einzelne resistente Eschen erhalten bleiben und sich vermehren. Die Entwicklung der Krankheit wird seit 2016 auf permanenten Monitoring-Flächen überwacht. 2018 und 2021 wurden Früchte von gering geschädigten Eschen im Bereich der Donauauen gesammelt, aus denen Pflanzen angezogen wurden. 2021 und 2022 wurden rund 1000 der angezogenen potentiell resistenten Eschen an mehreren Standorten im Nationalpark und dessen Umgebung ausgepflanzt.

 

Andere Initiativen

Im Forstlichen Versuchsgarten „Knödelhütte“ der BOKU und in den steirischen Landesforstgärten werden Nachkommen gering geschädigter Eschen für Versuchs- und Erhaltungsaufforstungen angezogen. Die BOKU hat seit 2014 Versuchsflächen in mehreren Bundesländern angelegt. 2021 wurden in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesforsten zwei Versuchsflächen in Niederösterreich und 2022 mit der Vorarlberger Landesforstdirektion und der Agrargemeinschaft Altenstadt eine Versuchsfläche angelegt, auf denen resistentere junge Eschen in 1:1-Mischung mit 21 anderen Baumarten parzellenweise (6 x 6 Pflanzen in 2 m Abstand) gemischt wurden. Finanziell unterstützt durch ein Waldfonds-Projekt („AshBack“), soll die Wirkung von erhöhter Krankheitsresistenz und Beimischung anderer Baumarten auf die Intensität des Eschentriebsterbens untersucht werden.

 

Eschentriebsterben und Verkehrssicherheit

Bei der Erhaltung der Esche muss beachtet werden, dass stark geschädigte Eschen entlang von Wegen und anderen Einrichtungen aufgrund der Gefahr herabfallender Äste und des Umstürzens ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellen. Der Gesundheitszustand solcher Bäume muss einmal jährlich während der Vegetationsperiode überprüft und dokumentiert werden. Neben dem Kronenzustand müssen der Stammfuß und die sichtbaren Teile der Grobwurzeln auf Krankheitserscheinungen kontrolliert werden (Abbildung 1).

Bäume mit stark geschädigten Kronen und Schädigungen im Bereich des Wurzelanlaufs müssen, sofern sie ein Sicherheitsrisiko darstellen, gefällt werden. Alternativ können in Gebieten mit vorwiegend naturschutzfachlichen Zielsetzungen Wege gesperrt oder aufgelassen oder Bäume in kürzeren Intervallen kontrolliert werden.

 

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Abbildung 1: Zur Beurteilung des Zustands von Eschen muss neben der Baumkrone auch der Wurzelanlauf auf Verfärbungen, Risse, Einsenkungen und Absterbeerscheinungen in der Rinde (siehe Pfeile), Holzfäule und Hallimasch-Befall kontrolliert werden (Bilder rechts und in der Mitte). Gering geschädigte Bäume (linkes Bild) sollten unbedingt erhalten werden. © T. Kirisits, IFFF-BOKU Wien

 

Gesunde Eschen erhalten!

Die Erhaltung der Esche sollte überall, wo Eschen vorkommen, praktiziert werden. Wir appellieren daher an die Praxis, außergewöhnlich gering erkrankte (geringe Kronenschädigung, keine oder nur gering ausgedehnte Stammfuß-Nekrosen; Abbildung 1) jeden Alters, vor allem in stark erkrankten Beständen, zu erhalten, zu fördern und deren natürliche Verjüngung zu ermöglichen, und damit die Bemühungen zur Erhaltung der Baumart zu unterstützen!

Zum Weiterlesen

Klimawandel begünstigt Eschensterben
Befallene Esche: Hans erklärt uns, warum es der Esche nicht gut geht
Projekt "Esche in Not"

Zum Nachlesen

Quellen

Univ. Prof. DI Dr. Thomas Kirisits1, Ass. Prof. Dipl.-Forstwirt Dr. Raphael Klumpp1, DI Christian Freinschlag2, Ing. Andreas Pfister3, Mag.a Dr.in Katharina Schwanda4, Mag.a Karoline Zsak5, DDI Dr. Gregor M. Unger1,4 und DI Dr. Heino Konrad4

 

  • 1Universität für Bodenkultur Wien (BOKU)
  • 2Landesforstdienst Vorarlberg
  • 3Landesforstdirektion Steiermark
  • 4Bundesforschungszentrum für Wald (BFW)
  • 5Nationalpark Donau-Auen GmbH

Rechte & Produktion

© 2023 Univ. Prof. DI Dr. Thomas Kirisits, Ass. Prof. Dipl.-Forstwirt Dr. Raphael Klumpp, DI Christian Freinschlag, Ing. Andreas Pfister, Mag.a Dr.in Katharina Schwanda, Mag.a Karoline Zsak, DDI Dr. Gregor M. Unger und DI Dr. Heino Konrad und waldgeschichten.com  –  Die österreichischen Familienwaldbetriebe & Österreichischer Forstverein  –  Unterstützt durch den Holzinformationsfonds der Landwirtschafskammer Österreich.

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