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Kohlenstoffnutzung und Klimaschutz – negative Emissionen mit Bioenergie
Ein Fachbeitrag von Dipl.-Ing. Christoph Pfemeter
Biomasse entsteht durch Photosynthese. Pflanzen wandeln mithilfe von Sonnenenergie Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) in Sauerstoff und Biomasse um. Die so produzierte Biomasse ist wesentlicher Teil und Grundlage des Lebens auf der Erde und hat über die Verlagerung von großen Mengen Kohlenstoff in die Erdkruste, in die Atmosphäre und in die oberirdische Biomasse seit jeher unser Klima maßgeblich beeinflusst. Sobald eine Pflanze abstirbt und verrottet, verdaut oder verbrannt wird, gelangt der gespeicherte Kohlenstoff (C) innerhalb weniger Tage, Monate oder Jahre meist in Form von Kohlenstoffdioxid wieder zurück in die Atmosphäre.
Durch Bioenergie kann ein Teil dieser Biomasse als Wärme, Strom, Gas, Wasserstoff, Fernwärme oder Kraftstoff genutzt werden und so den Fluss von klimaschädlichem fossilen Kohlenstoff aus der Erdkruste in die Atomsphäre eindämmen. In diesem Beitrag wird Kohlenstoff in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt und biogener Kohlenstoff (Cb) aus dem oberirdischen Kohlenstoffkreislauf mit fossilem Kohlenstoff (Cf) aus der Erdkruste verglichen.
Photosynthese: Kohlenstoff im Kreislauf
Um 3.7 Kilogramm (kg) CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen – das entspricht 1 kg Cb – und in Biomasse (C6H12O6) zu speichern, sind für den biochemischen Prozess 11 Kilowattstunden (kWh) Energie und 1.5 Liter Wasser (H2O) erforderlich. Diese Energie ist nach der Photosynthese in 2.5 kg Biomasse gespeichert, während des Prozesses werden 2.7 kg Sauerstoff (O2) an die Atmosphäre abgegeben. Die entstandene Biomasse wird in der Pflanze selbst mehrmals umgewandelt. Dazu wird die erzeugte Biomasse zur Energiegewinnung abgebaut (oxidiert) und ein Teil des zuvor gespeicherten Cb wird in Form von CO2 an die Atmosphäre abgegeben (Pflanzenatmung). Der Rest wird in der Biomasse (Biosphäre) gespeichert.
Änderungen in Kohlenstoffspeichern verändern das Klima
Pflanzen (lebende Biomasse) nehmen jedes Jahr etwa 123 Milliarden Tonnen C aus der Atmosphäre auf und geben etwa 119 Milliarden Tonnen C an die Atmosphäre ab, davon jeweils etwa die Hälfte durch Pflanzenatmung und Verrottung toter Biomasse. Die Differenz wird in der lebenden (Blätter, Wurzeln, Halme, Holz) oder toten Pflanzenmasse (Humus, Totholz) gespeichert. Über Millionen Jahre wurden so 550 Milliarden Tonnen Cb in der Vegetation, 1.950 Milliarden Tonnen Cb in Böden, 1.700 Milliarden Tonnen Cb im Permafrost und 1.470 Milliarden Tonnen Cb über geologische Prozesse in fossilen Lagerstätten angereichert und zu fossilem Cf umgewandelt.
Die Verbrennung von Erdgas, Erdöl und Kohle hat große Mengen Cf (365 Milliarden Tonnen) aus fossilen Lagerstätten in die Atmosphäre verfrachtet und die Klimakatastrophe ausgelöst, obwohl ein wesentlicher Teil des Cf (155 Milliarden Tonnen) in den Ozeanen absorbiert wurde. Seit der industriellen Revolution wurden zusätzlich etwa 30 Milliarden Tonnen Cb aus der Biosphäre in die Atmosphäre verlagert.
Flächenbewirtschaftung: Schlüssel zum Klimaschutz
Der stetige Fluss von Cf aus der Erdkruste wird jedes Jahr größer und liegt aktuell bei jährlich 7.8 Milliarden Tonnen, hinzu kommen 1.1 Milliarden Tonnen Cb aus Entwaldung. Pflanzen und die Ozeane verlagern die Hälfte dieser Emissionen wieder in C-Speicher, die jährliche Zunahme an C in der Atmosphäre wird dadurch auf 4 Milliarden Tonnen C reduziert. Die Bewirtschaftung der Landfläche hat wesentlichen Einfluss auf den Kohlenstoffkreislauf. Das weltweite Biomasse-Wachstum (NPP = Nettoprimärproduktion) von 123 Milliarden Tonnen Cb findet zu 42 Prozent im bewirtschafteten Wald, zu 30 Prozent auf Weideland, zu 16 Prozent auf Ackerflächen und zu 11 Prozent auf nicht bewirtschaftetem Land statt. Für energetische Zwecke wird nur ein kleiner Teil der Biomasse genutzt. Aktuell werden global etwa 2 Milliarden Tonnen Cb energetisch verwendet und damit etwa 11 Prozent der weltweit benötigten Energie bereitgestellt. Gelingt es, den Anteil der energetisch eingesetzten Biomasse an der aktuell durch Verrottung und Pflanzenwachstum oxidierten Biomasse (119 Milliarden Tonnen Cb) von aktuell 1.6 Prozent auf 5 Prozent zu erhöhen, könnte damit in Verbindung mit dem Ausbau von Wasserkraft, Windenergie und Photovoltaik der Weltenergiebedarf gedeckt werden. Bioenergie sollte so eingesetzt werden, dass sie neben der Energiewende zur Sicherung der oberirdischen C-Speicher und zur Erzielung negativer Emissionen beiträgt. Szenarien zum Erreichen der Klimaneutralität gehen von einer Steigerung des Bioenergieeinsatzes von weltweit aktuell 83 EJ auf 145 EJ (Internationale Energieagentur) bis 200 EJ (Weltbiomasseverband, IPCC) aus. Das würde bedeuten, dass maximal etwa 4.3 Prozent des jährlichen Biomasseumsatzes auch energetisch genutzt werden müssten, ein Teil davon wird in den vorliegenden Szenarien mit CO2-Abscheidung ergänzt. Der Ausstieg aus fossilen Energien ist der Knackpunkt im Klimaschutz. Die öffentliche Diskussion fokussiert vielfach auf für den Klimaschutz vergleichsweise unbedeutende Bereiche, wie etwa den nationalen Flugverkehr oder durch die Lebensmittelproduktion bedingte Emissionen aus der Landwirtschaft. Das eigentliche Problem sind jedoch die Emissionen aus der Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas. Die zur Eindämmung des Klimawandels dringlichste Aufgabe für den Einsatz von Biomasse ist der Ersatz von fossilen Rohstoffen in der Industrie, in der Energiewirtschaft, in den Haushalten und im Verkehr.
Ersatz von fossilem Kohlenstoff (energetische Substitution)
1 kg gespeicherter C kommt im Fall von Holz etwa 2 kg absolut trockener Biomasse (50 Prozent C-Anteil) gleich, darin sind etwa 10 kWh Energie (Brennwert) gespeichert. Nutzt man diese Energie anstelle von Koks, können etwa 1 kg fossiles Cf, im Fall von Heizöl 0.75 kg und im Falle von Erdgas 0.5 kg in der Erdkruste verbleiben. Die geringere Energiedichte von Biomasse bezogen auf den C-Gehalt im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wird oft als Argument gegen die Bioenergie verwendet, es lässt sich jedoch einfach entkräften. Veraltete fossile Anlagentechnik wird in der Praxis durch moderne Bioenergietechnologie ersetzt, daher kann trotz geringerer Energiedichte von Biomassebrennstoffen mit 1 kg Cb aus Biomasse mehr als 1 kg fossiles Cf in der Erdkruste verbleiben. Im Fall einer Ölheizung ersetzt 1 kg Cb somit mehr als 1.3 kg fossiles Cf, im Beispiel des Ersatzes eines Kohlekraftwerks mit moderner Biomasse-Kraftwärmekopplung bis zu 1.8 kg. Es gibt auch einfache Lösungen, die mit geringem technischen Aufwand noch größere Effekte erzielen. Ersetzt etwa ein moderner Biomasseofen (Wirkungsgrad 70 Prozent) eine Stromheizung, die mit Elektrizität aus einem alten Kohlekraftwerk (Wirkungsgrad 25 Prozent) betrieben wird, sind es pro 1 kg Cb aus Biomasse 2.7 kg fossiles Cf. Liegen die Cf-Einsparungen über den Cb-Emissionen aus der Verbrennung, bzw. über jenen, die bei der Verrottung anfallen, ist die Biomasse nicht nur C-neutral, sondern erzielt negative Emissionen.
Produktspeicher und stoffliche Substitution
Zum Erreichen der Klimaziele müssen nicht nur Treibhausgasemissionen eingespart, sondern ab Mitte dieses Jahrhunderts große Mengen an C aus der Atmosphäre entnommen werden. Gleichzeitig nehmen die erzielbaren fossilen Emissionsreduktionen infolge des immer stärker werdenden Anteils an erneuerbaren Energien am Energiesystem im Laufe der Zeit ab. Um langfristig negative Emissionen erzielen zu können, ist es erforderlich, in Negativemissionstechnologien zu investieren. Bereits heute können Holzprodukte einen Teil des geernteten Cb über mehrere Jahrzehnte speichern.
Eine erntereife Fichte besteht etwa aus 1.000 kg Cb. Nach der Ernte verbleiben etwa 400 kg Cb in Form von Wurzelstock, Nadeln oder Ästen im Wald. 300 kg können aufgrund der geringen Qualität nur als Industrie- oder Energieholz genutzt werden, etwa 300 kg können als wertvolles Sägerundholz verwertet werden. Dieses wird im Sägewerk entrindet und in Bretter geschnitten, danach meist gehobelt und zurechtgeschnitten, anschließend zu Bauteilen weiterverarbeitet und schließlich in einem Möbelstück oder in einer Holzkonstruktion verbaut. Dabei fallen wiederum 200 kg Cb in Form von Rinde, Sägespänen, Hobelspänen, Hackschnitzeln und Kappholz an, bis zuletzt etwa 100 kg Cb über mehrere Jahrzehnte in einer Holzkonstruktion gespeichert werden können (Erhöhung des Produktspeichers). Zusätzlich können diese Holzprodukte energieintensiv produzierte Materialen wie Stahlbeton oder Kunststoffe ersetzen (stoffliche Substitution). Der Rest der Biomasse wird energetisch genutzt und substituiert fossile Emissionen in der Holzproduktion oder in Heizungen und Kraftwerken (energetische Substitution).
Biomasse als Energieträger
Biomasse (bzw. biogene Energieträger = Bioenergie) trägt den Hauptteil zum Portfolio der erneuerbaren Energien in Österreich (ca. 55 %) und in der EU27 (ca. 60 %) bei, weil alle Bereiche des Energiebedarfs damit bedient werden können: Wärme, Mobilität und Strom.
Zukunftssichere Holzenergie
- Holzenergie schafft Versorgungssicherheit
- Holz ist in der Menge gut verfügbar, gut speicherbar und überdies wächst in Österreich deutlich mehr Holz nach, als geerntet wird
- Holz ist vor allem auch regional verfügbar, muss nicht weit transportiert werden sondern wächst in Österreich praktisch überall vor Ort
- Holzenergie ist aktuell bereits die wichtigste erneuerbare Energiequelle
- Holzenergie ist CO2– und damit klimaneutral und schützt damit das Klima
- Holzenergie ist in die nachhaltige Wald- und Holzwirtschaft integriert
- Holzenergie bedeutet Wertschöpfung in Österreich und sichert Arbeitsplätze
- Holzenergie ist damit ein wichtiger Bestandteil der Bioökonomie
Verlässliche & klimaaktive
Energie aus Holz
Holz als CO2-neutraler Energieträger liefert krisensichere Wärme aus der Region, bietet Wertschöpfung im eigenen Land und leistet einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz.
Die Hälfte aller Haushalte in Österreich – also mehr als 1.5 Mio. – heizen mit Holz in Form von Scheitholz, Briketts, Hackgut oder Pellets. Die Energieversorgung mit Holz ersetzt jedes Jahr die Verbrennung von 4.5 Mrd. Liter Heizöl. 45 Mrd. kWh Holzenergie ersparen jährlich Ausstoß von 12 Mio. t fossilem CO2 .
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Holzenergie basiert auf Nebenprodukten und Reststoffen
Holzenergie entsteht im allergrößten Umfang aus der Nutzung von Koppelprodukten, Reststoffen und Abfällen, die bei der Erzeugung höherwertiger Güter anfallen (Sägerundholz, Schnittholz, Möbel, Papier, Nahrungsmittel, Baumwolle, nicht absetzbares Industrieholz etc.). Als gutes Beispiel dient ein österreichischer Forstbetrieb. Dieser konnte im Jahr 2019 für ein Kilogramm Cb in Form von Sägerundholz etwa 0.37 Euro erlösen, für Industrieholz 0.19 Euro/kg Cb und für Energieholz rund 0.14 Euro/kg Cb. Während Sägerundholz etwa 50 bis 60 Prozent der im Forstbetrieb angefallenen Holzmenge ausmacht, sind es bei Energie- und Industrieholz jeweils rund 20 Prozent. Die Einnahmen aus dem Energieholzverkauf machen nur 10 Prozent des Umsatzes des Forstbetriebes aus. In Summe lagen die durchschnittlichen Einnahmen aus dem Verkauf eines Baums bei etwa 0.28 Euro/kg Cb (60 Euro/fm).
Betrachtet man die Kostenstruktur eines durchschnittlichen Betriebes, liegen die reinen Erntekosten bei etwa 0.12 Euro/kg Cb. Mit Energieholz könnten zusätzliche Kosten, wie für den Bau und die Erhaltung von Forststraßen, waldbauliche Maßnahmen und Verwaltung überhaupt nicht abgedeckt werden. Im Vergleich zu fossilem Kohlenstoff ist die mitteleuropäische Forstwirtschaft durchaus konkurrenzfähig: Während Energieholz im Jahr 2021 für 0.14 Euro/kg Cb an der Waldstraße verfügbar ist, zahlt ein Haushalt für Heizöl 0.95 Euro/kg Cf. Obwohl die Technologie für die Verfeuerung von Biomasse meist teurer als jene für die Verfeuerung von Heizöl oder Erdgas ist, liegt in dieser Differenz der Grund für den Erfolg der Biomasseheizungen begründet.
Klimaeffiziente Holznutzung forcieren, Kaskadenzwang ablehnen
Um die Klimaeffizienz der Holznutzung zu steigern, sollte mit dem geernteten Cb möglichst viel fossiler Cf ersetzt und möglichst viel biogener Cb langfristig gebunden werden. Durch die intelligente Kombination von stofflicher und energetischer Nutzung sind zusätzlich zum Speichereffekt in langlebigen Holzprodukten hohe Substitutionseffekte erzielbar. Die Kombination von Brettschichtholz, Pelletsproduktion und Verwertung der Reststoffe einer Kraftwärmekopplungsanlage führt im Beispiel pro eingesetztem 1 kg biogenem C zu mehr als 1 kg vermiedenem fossilen C. Diese Ergebnisse können in Zukunft durch Kohlenstoff-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage = CCS) oder die Nutzung von Biokohle verbessert werden. Nach der Ernte sollte nur so viel tote Biomasse im Wald verbleiben, wie aus ökologischen und waldbaulichen Gründen notwendig ist.
Koppelprodukte sollten dort Verwendung finden, wo sie die größten Mengen an fossilem Cf ersetzen können. Energieintensive Holzverarbeitungsschienen, die viel Prozessenergie benötigen, keine Nebenprodukte für die Energiewende bereitstellen und geringe stoffliche Substitutionseffekte erzielen, sollten nicht forciert werden. Bei der Holzernte und -verarbeitung sollte in Zukunft auf fossile Energien verzichtet werden. Moderne Bioenergie bietet hier gute Ansätze: Mit Holzdiesel kann die Holzernte ohne fossile Emissionen erfolgen. Biomasse-KWK-Anlagen können neben der Wärme für die Holztrocknung auch den Strom für die Sägen, Hobel und Verleimung bereitstellen. Für die Papier- und Zellstoffproduktion, die zu den größten Verbrauchern von fossilem Erdgas in Österreich zählt, bietet sich die Holzgastechnologie an. Abzulehnen sind dagegen politisch verordnete Kaskadenzwänge; diese können dazu führen, dass energieintensive Holzverarbeitungsmethoden forciert werden, die kaum C-Speicher- oder -Substitutionseffekte aufweisen. In diesem Fall kann die rein energetische Nutzung zu wesentlich besseren Klimaschutzeffekten führen.
BECCS und Biomasseverkohlung
Neben der sich in der Forschungsphase befindlichen Technologie BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage), die CO2 nach der Verbrennung aus den Rauchgasen absondert, verdichtet und danach in fossilen Lagerstätten deponiert, könnte auch Pflanzenkohle wieder an Bedeutung gewinnen. Bei diesem Prozess wird unter Freisetzung von Bioenergie ein Teil des Cb in Biokohle fixiert. Damit ist der Kohlenstoff nicht mehr biologisch abbaubar. Er kann langfristig deponiert, aber auch als Zusatz zu Baumaterialien oder zur Bodenverbesserung eingesetzt und gespeichert werden. Die Anlagen sind aufgrund ihrer geringen Größe (ab 0.5 MW) dezentral einsetzbar und sehr rohstoffflexibel. Sie können in bestehenden Systemen eingesetzt und mit der Strom- und Wärmeerzeugung kombiniert werden. Je nach Anlagenkonzept können so 10 bis 70 Prozent des biologisch abbaubaren Cb langfristig fixiert werden. Der C-Speichereffekt der Wertschöpfungskette Holz kann so vervielfacht werden.
Im Gegensatz zur reinen Bioenergienutzung geht für diese Prozesse jedoch Nutzenergie für den Ersatz fossiler Rohstoffe verloren. Die breite Einführung dieser Technologien muss daher auch mit dem zeitlichen Bedarf an Bioenergie für die Energiewende abgestimmt werden. Im großen Umfang sind sie sinnvoll, wenn keine fossilen Kohlenstoffflüsse aus der Erdkruste mehr ersetzt werden müssen.
Pflanzenart entscheidet über C-Aufnahme und C-Speicher
Besonders die Wahl des Pflanzenbewuchses und der damit verbundenen Bewirtschaftung hat einen Einfluss auf den Kohlenstoffspeicher. Die Summe der Blattoberfläche auf einem Stück Land entscheidet, wie viel Kohlenstoff aus der Atmosphäre entnommen wird, sie ist bei unterschiedlichen Pflanzenarten ähnlich. Von der Art des Bewuchses und der Bewirtschaftung hängt allerdings ab, in welchem Ausmaß, in welcher Form und für welche Zeitspanne der Kohlenstoff gebunden wird. Während Bäume und Sträucher Biomasse in Form von Holz binden und die Lebensdauer der Pflanzen mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte beträgt, verrottet die Biomasse kurzlebiger Pflanzen oft innerhalb weniger Monate, ohne langfristig große Mengen Cb zu binden.
In der oberflächigen Biomasse werden pro Quadratmeter (m2) Wald im Jahr etwa 0.15 kg Cb gebunden, auf einer Kurzumtriebsfläche 0.8 kg Cb, im Grünland etwa 3 kg und auf einer Maisfläche 7.2 kg Cb. Wald wird im Schnitt nach etwa 100 Jahren geerntet, eine Kurzumtriebsfläche rund alle fünf Jahre, Grünland und Ackerflächen oft mehrmals im Jahr. Vor der Ernte sind bei diesen Beispielen auf 1 m2 Wald 15 kg Cb gespeichert, auf 1 m2 Kurzumtrieb 4 kg, auf dem Maisacker 7.2 kg/m2 und auf dem Grünland 3 kg/m2.
Dieses Bild ändert sich, wenn man längere Zeiträume betrachtet. Nach 100 Jahren Bewirtschaftung hat der Wald etwa 15 kg Cb bereitgestellt, eine Kurzumtriebsfläche 400 kg und ein Maisfeld 720 kg. Natürlich müssen für eine Gesamtbewertung noch Effekte in der unterirdischen Biomasse, im Boden und jene der Bewirtschaftung selbst betrachtet werden (Einsatz von Diesel oder Düngemitteln, Fruchtfolge etc.). Zudem wurden für diese Berechnungen Durchschnittserträge verwendet, Wald wächst meist auf Flächen mit geringerem Ertrag, Mais dagegen auf sehr ertragreichen Böden. Während auf Ackerflächen und Grünland ein hoher Ressourceneinsatz (Treibstoff, Kunstdünger, Wirtschaftsdünger, Pflanzenschutz) erforderlich ist, ist dieser bei Kurzumtriebsflächen und im Wald wesentlich geringer.
Die Zeit erfordert beherztes Eingreifen – alle Optionen prüfen
Die energetische und stoffliche Substitution sind sehr zeitkritisch; je schneller der stetige Fluss an Kohlenstoff aus der Erdkruste Richtung Atmosphäre unterbunden wird, umso weniger Kohlenstoff muss der Atmosphäre später wieder aufwändig entnommen werden. Ein kurzfristiger Abbau von oberirdischen Kohlenstoffspeichern zugunsten des Schutzes fossiler Kohlenstoffspeicher sollte diskutiert werden, da biogene Kohlenstoffspeicher in einer intakten Umwelt schnell wieder aufgebaut werden können. Bleibt das Klima nicht intakt, sind die bestehenden oberirdischen Kohlenstoffspeicher vielfach verloren. Ein gezielter Vorratsabbau sollte vorrangig in Waldregionen erfolgen, deren Baumartenausstattung infolge der absehbaren Klimaerwärmung nicht ihr Erntealter erreichen wird. Erfolgt der Einsatz der anfallenden Holzmenge nach dem Prinzip der klimaeffizienten Holznutzung, führt der Abbau des oberirdischen Kohlenstoffspeichers auch kurzfristig zu keiner Erhöhung bzw. zu einer Reduktion der C-Konzentration in der Atmosphäre. Große Zwischenlager für Biomasse, erneuerbares Gas oder Treibstoffe können zudem zu einer zeitlichen Verlagerung der Emissionen führen, falls dies notwendig ist.
Wald wird von Kohlenstoffsenke zur Kohlenstoffquelle
Das Bundesforschungszentrum für Wald, das Umweltbundesamt und die Universität für Bodenkultur haben in der umfangreichen gemeinsamen Studie „CareforParis“ verschiedene Szenarien für die Waldbewirtschaftung untersucht und kommen zum eindeutigen Ergebnis, dass die Nutzung von Holz für Produkte und Energie die beste Option für den Klimaschutz ist. Über kurz oder lang entwickelt sich der österreichische Wald von einer Netto-Kohlenstoffsenke zu einer Kohlenstoffquelle. In allen Szenarien fallen sehr relevante Mengen an Energieholz an, die meisten weisen in den nächsten Jahrzehnten einen Anstieg dieser Mengen aus. Egal, für welche Bewirtschaftungsszenarien sich die Gesellschaft entscheiden wird – Vorratsaufbau, Vorratsabbau oder konstanter Vorrat – es gibt sehr gute Argumente, die energetische Biomassenutzung zu forcieren, und es sind in jedem Fall große Mengen an nachhaltig produzierter minderwertiger Biomasse für die Energiewende verfügbar. Werden diese Potenziale nicht genutzt, verrottet die Biomasse und es müssen stattdessen zusätzlich große Mengen fossilen Kohlenstoffs genutzt und emittiert werden.
Zum Nachlesen
Quellen
- Dipl.-Ing. Christoph Pfemeter
Dipl.-Ing. Christoph Pfemeter ist Geschäftsführer vom Österreichischen Biomasse-Verband.
- Quelle: Broschüre Wald.Holz.Energie
Rechte & Produktion
© 2022 Dipl.-Ing. Christoph Pfemeter und waldgeschichten.com – Die österreichischen Familienwaldbetriebe – Unterstützt durch den Holzinformationsfonds der Landwirtschafskammer Österreich.
Redaktion
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