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Wälder als Schlüsselakteure
Ein Fachbeitrag von Dipl.-Ing. Franz Lanschützer
Der Klimawandel führt zu einer Zunahme von lang andauernden Niederschlägen und Hochwasserereignissen, die eine immer größere Gefahr für Mensch und Natur darstellen. Wälder spielen hier als natürlicher Schutz vor den Auswirkungen dieser Extremwetterereignisse eine entscheidende Rolle, indem sie die Ableitung des Wassers ins Tal verzögern und somit den Hochwasserschutz unterstützen.
In Anbetracht des Klimawandels mit wechselnden Zeiten von großer Trockenheit und Extremniederschlägen rückt das Thema Wald und Wasser immer mehr ins Zentrum forstwirtschaftlicher Überlegungen. Im Wesentlichen geht es dabei um drei Aspekte. Zum einen sollte der Wald Trockenperioden gut überstehen. Zum anderen sollte er bei Starkregenfällen den Abfluss bremsen und darüber hinaus sollte der Wald in Quell- und Wasserschutzgebieten für eine kontinuierliche Schüttung sorgen.
Zu berücksichtigen ist beim Thema Wald und Wasser immer, dass Waldbestände äußerst vielschichtige Gebilde sind mit unterschiedlichsten Baumarten, Bodenverhältnissen, geologischen Gegebenheiten, klimatischen Einflüssen etc.. Und auch bereits beim Niederschlag selbst, der aus Regen, Schnee oder Nebel bestehen kann, spielen im Wald viele Faktoren eine Rolle.
Interzeption – Kronendurchlass
Ein Teil des Niederschlages führt zur Benetzung der Bäume, wird dadurch zurückgehalten und geht durch Interzeptionsverdunstung zurück in die Atmosphäre. Dieser Interzeptionsverlust hängt sowohl von den Baumarten als auch vom Bestandesaufbau ab.
Die größte Niederschlagsrückhaltung besteht in dichten, stufigen Beständen, bei kleintropfigem, kaltem Niederschlag, bei windstillem Wetter und bei größerem Wasserdefizit der Blätter. Ein einzelner geringer Niederschlag kann nahezu restlos von den Kronen aufgefangen werden. Je Niederschlagsereignis kann der Interzeptionsverlust im groben Durchschnitt bei 3 bis 7 mm liegen. Der jährliche Interzeptionsverlust hängt sehr stark von der Intensität der einzelnen Niederschlagsereignisse ab und er kann bei einem Jahresniederschlag von 700 mm durchaus 30 bis 50 % in regenarmen Gebieten erreichen.
Mit Kronendurchlass wird jener Teil des Niederschlags bezeichnet, der den Boden bzw. die Bodenvegetation erreicht. Auch die Bodenvegetation besitzt natürlich einen Interzeptionsverlust, der sehr unterschiedlich ausfallen kann, aber meist geringer
ist als der der Bäume. Niederschlag, der letztendlich den Boden erreicht, kann entweder abfließen oder in den Boden selbst eindringen. Oberflächlicher Abfluss spielt im Wald nur bei sehr starken Niederschlägen eine Rolle.
Infiltration und Versickerung
Das in den Boden eindringende Wasser läuft meist hangparallel im Oberboden ab oder sickert allmählich durch und speist dann das Grundwasser sowie Quellen, Bäche und Flüsse. Viele Faktoren wie Textur, Struktur, Porosität, Skelettgehalt, Relief, Bodendecke, Wasservorrat oder Wurzelnetz beeinflussen die Versickerung des Wassers.
Indem Waldböden meist eine hohe Luftkapazität und eine gute Durchlässigkeit besitzen, dringen auch stärkere Niederschläge rasch ein. Das Wasserhaltevermögen ist sehr stark von der Bodenstruktur und hier von der Porenverteilung abhängig. Schwachgründige, skelettreiche, grobporige Böden haben ein wesentlich geringeres Wasserhaltevermögen als tiefgründige Böden mit vielen Klein- und Mittelporen. Die Wasseraufnahmekapazität des Waldbodens hängt aber auch davon ab, wie weit vorher durch Verdunstung die Aufnahmefähigkeit erhöht wurde.
Nach einer längeren niederschlagsfreien Zeit kann der Waldboden 80 bis 250 mm Niederschlag aufnehmen. Dadurch kann der Wald ein länger dauerndes, starkes Niederschlagsereignis durchaus speichern, was vor allem für den Hochwasserschutz
von größter Bedeutung ist.
Wasserverbrauch durch Verdunstung
Die Verdunstung (Evapo-Transpiration) im Wald setzt sich zusammen aus der Transpiration der Pflanzen und der Evaporation, d. h. der Verdunstung von Feuchtigkeit aus Oberflächen von Pflanzen und direkt vom Boden. Für die Transpiration verwenden die Bäume sehr große Mengen an Wasser, wobei sie durch die Schließung der Spaltöffnungen an Blättern oder Nadeln diese auch wesentlich reduzieren können.
Den größten Einfluss auf die Transpiration haben Sonneneinstrahlung und Wärme. Auf Wind reagieren die Bäume unterschiedlich, indem beispielsweise bei Lärche die Transpiration bei hohen Windgeschwindigkeiten zunimmt, während sie bei Fichte leicht abnimmt. Der Wasserverbrauch der Bäume hängt aber auch stark davon ab, wie viel Wasser vorhanden ist. Es gibt Bäume, die bei optimaler Wasserversorgung dieses auch übermäßig verbrauchen, wie Douglasie oder Birke, während Eiche oder Fichte weitgehend unabhängig vom Bodenwasserhaushalt geringe Transpirationsunterschiede aufweisen.
Es gibt aber auch sehr große Unterschiede zwischen den Baumarten mit dem Umgang von Wassermangel. Eine besondere Anpassungsfähigkeit zeigt hier die Douglasie, die bei Trockenheit sowohl die Transpiration sehr stark einschränken als auch die Wasserversorgung durch die Aufnahme von Tau über die Nadeln verbessern kann. Wie groß der Wasserverbrauch von Waldbeständen ist, hängt sehr stark von Standort, Waldgesellschaft, Bestandesstruktur, der Jahreswitterung, dem vorhandenen Wasservorrat und vielen anderen Faktoren ab.
Hinsichtlich Baumarten gehören Birke und Lärche zu den Wasserverschwendern. Die Buche und Fichte liegen im mittleren Bereich, während die Kiefer wenig Wasser verbraucht. Der absolute Wasserverbrauch hängt aber auch eng mit der vorhandenen Blatt- oder Nadelmasse pro Hektar zusammen. Daher ist auch die tägliche Transpiration von ganzen Waldbeständen nur sehr schwer anzugeben.
Im ganz groben Durchschnitt kann für einen warmen Sommertag der Wasserverbrauch durch die Bäume mit 2 bis 4 mm angegeben werden. Umgerechnet sind das 20.000 bis 40.000 Liter pro Hektar und Tag.
„Ein intakter Wald ist wie ein großer Schwamm, der Wasser aufnimmt, speichert und langsam wieder abgibt.“
Forstdirektor Dipl.-Ing. Franz Lanschützer
Waldbauliche Folgerungen
Die waldbaulichen Folgerungen aufgrund der verschiedensten Einflussgrößen hinsichtlich des Wasserhaushaltes in Waldbeständen hängen davon ab, welche Zielsetzung verfolgt wird. Geht es um die Schutzfunktion des Waldes gegen Hochwasser und Erosion, so vermindert der Wald den Abfluss, verringert die Hochwasserspitzen, erhöht die Versickerungsfähigkeit des Bodens, steigert in der Vegetationsperiode die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens, verhindert Bodenabtrag und er führt zu
einer biologischen Reinigung des Wassers.
Von Vorteil sind hier geschlossene, nadelholzreiche Waldbestände, die einer natürlichen Verjüngung unterzogen werden. Günstig sind gemischte, vertikal und horizontal gestufte Bestände mit ungleichaltrigen Bestandesstrukturen. Zu vermeiden sind Kahlschläge sowie beweidete Flächen, die zur Bodenverdichtung neigen.
Geht es um die Erhöhung der Wasserspende in niederschlagsarmen Gebieten, sind lockere Waldbestände mit geringer Blatt- oder Nadelmasse, sowie fehlendem Nebenbestand von Vorteil. Wenn es um die Walderhaltung in extremen Trockengebieten geht, wird vor allem die Baumartenwahl zum entscheidenden Faktor. Weiters sind hier sicher eher lockere Bestände mit geringem Interzeptionsverlust bei schwachen Niederschlägen von Vorteil.
Waldwirkungen – Die 4 grundlegenden Funktionen des Waldes
Der Wald in Österreich erfüllt eine Fülle an Funktionen und entfaltet eine ungemein breite Wirkung in allen Lebensbereichen: die Nutzwirkung, die Schutzwirkung, die Erholungswirkung und die Wohlfahrtwirkung im Sinne der nachhaltigen Nutzung und Verantwortung für die Zukunft. Das moderne österreichische Fortgesetz regelt und garantiert diese Funktionen des Waldes über Generationen hinaus.
Widerstandsfähige Wälder durch nachhaltige Waldbewirtschaftung
Hochalpine und alpine Regionen Österreichs – und damit ein großer Teil der Landesfläche – wären ohne den Schutzwald kaum bewohnbar. Der Wald ist das zentrale Schutzsystem gegen Naturgefahren wie Hochwasser, Murenabgänge, Lawinen, Steinschlag, Hangrutschungen und Erosion. Er schützt unsere Siedlungsräume und sichert damit das Leben in vielen Regionen des Landes.
Die verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung in Österreich trägt entscheidend dazu bei, dass diese vielfältigen Schutzfunktionen des Waldes langfristig erhalten bleiben. Durch nachhaltige Maßnahmen wird sichergestellt, dass der Wald widerstandsfähiger gegen die zunehmenden Folgen des Klimawandels wird.
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Quellen
- Dipl.-Ing. Franz Lanschützer, LK Salzburg
Rechte & Produktion
© 2024 Dipl.-Ing. Franz Lanschützer und waldgeschichten.com – Die österreichischen Familienwaldbetriebe & Österreichischer Forstverein – Unterstützt durch den Holzinformationsfonds der Landwirtschaftskammer Österreich.
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