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Waldbewirtschaftung
und Biodiversität

Multifunktionale Bewirtschaftungskonzepte sind förderlich für Wald- und Lebensraumarten.

Aus Sicht der Biodiversität spricht viel für Betriebsformen, die auf Landschaftsebene großflächige, homogene Waldlandschaften in räumlicher und zeitlicher Hinsicht vermeiden. Geeignete forstliche Bewirtschaftungsformen wirken sich auf Landschaftsebene demnach nicht zwangsläufig negativ auf die Entwicklung der Biodiversität im Wald aus. Der Bedeutung der Heterogenität der Umweltbedingungen könnte eine multifunktionale Waldbewirtschaftung dadurch Rechnung tragen, dass sie bereits auf Bestandsebene unterschiedliche Waldbbehandlungen nicht nur zulässt, sondern darauf hinarbeitet. Multifunktionale Forstwirtschaft schließt neben genutzten auch ungenutzte Flächen ein. Beide leisten einen bedeutenden Beitrag für den Erhalt einer hohen Artenvielfalt. Flojgaard et al (2011) zeigen, dass sowohl wechselnde standörtliche Wuchs- und Klimabedingungen, natürliche Störungen und unterschiedliche Nutzungsarten ein Mosaik von Nischen und damit verbunden, große biologische Vielfalt bewirken.

Am Beispiel vom Buchenwald stellten Schall et al. (2017) fest, dass sich für den Naturwald in keinem Fall eine signifikant höhere Biodiversität als in Altersklassen- bzw. Plenterwaldgesellschaften ergibt. Für einige Artengruppen liegt der Altersklassenwald sogar über den im Naturwald erzielten Werten, auch unter Betrachtung von auf den Wald spezialisierte Arten. Während sich im Plenterwald signifikant mehr Vögel der gleichen Art befinden, kommen im Altersklassenwald auf verschiedenen Flächen jeweils unterschiedliche Waldarten vor und somit ist eine höhere Biodiversität in Bezug auf den Artenwechsel vorhanden. Eine Mischung ausschließlich kleinflächig selektiver waldbaulicher Verfahren mit Wäldern nach Nutzungsaufgabe fördert die Gesamtbiodiversität auf der Landschaftsebene im Vergleich zu traditionellen Schirmschlagverfahren nicht. Schirmschlagverfahren, die auf Bestandsebene operieren und zu Beständen in unterschiedlichen Altersphasen führen, scheinen dagegen einen hohen Anteil der erfassten regionalen Artendiversität zu fördern.

In Österreich überwiegt als Waldnutzungsform die Einzelstammentnahme. Auf 96 % der Fläche werden Einzelstammnutzungen durchgeführt, Kahlschläge sind mit 4 % die Ausnahme. Dies wirkt sich positiv auf die Biodiversität aus. Kleinräumige Eingriffe verändern das Lichtregime und schaffen damit vielfältigere Lebensbedingungen. Am Waldboden schaffen kleinräumige Veränderungen des Mikroklimas vielfältige Lebensbedingungen für verschiedene Insekten. Durch die Verwundung des Bodens werden ideale Keimbedingungen für die natürliche Verjüngung verschiedener Baumarten und für Straucharten geschaffen.

Konkurrenzschwache Baumarten und die damit verbundene Biodiversität würde ohne Bewirtschaftung verloren gehen. So begünstigen kleinräumige Eingriffe auch jene Baumarten, die auf Normalstandorten von der Buche dominiert würden und somit in einem erheblichen Umfang zur Steigerung der Biodiversität beitragen. Eichen-Hainbuchenwälder haben sich nur durch die Mittelwaldwirtschaft gegenüber der Buche behaupten können. Die Einstellung der Bewirtschaftung würde somit den Verlust dieses Waldtypen und der daran gebundenen Arten nach sich ziehen. Durch Nutzung und Pflege kommt Licht in den Wald und Konkurrenz- und Mischungsverhältnisse können gezielt gesteuert werden. Die große Zahl lichtliebender xylobionter Baumarten kann gezielt gefördert werden. Zudem können Veteranenbäume xylobionter (das Holz bewohnend, im Holz lebend) Pilz- und Tierarten gezielt gefördert werden. Zudem können Veteranenbäume sowie Baumexemplare mit extrem seltenen und sich langsam entwickelnden Strukturen wie Mulmhöhlen vor dem Totalverlust bewahrt und ebenfalls gezielt gefördert werden.

Würde die Nutzung von Eichen-Hainbuchenwäldern eingestellt werden, käme es zu einer schleichenden Veränderung des Waldcharakters hin zu schattigeren Waldtypen mit einem weitgehenden oder völligen Verlust der Eiche. Verschwinden die Eiche langfristig aufgrund von Konkurrenzunterlegenheit, verschwinden auch an sie gebundene spezialisierte Arten.

Daher ist vielen Arten – besonders den Arten, welche sich auf der roten Liste befinden – mit der Erhaltung einer unberührten Natur nicht geholfen. Im Gegenteil: Die meisten bedrohten Arten benötigen fortgesetzte menschliche Eingriffe im Wald gegen das Aufkommen von flächendeckender Wildnis. Um gegen den Artenschwund vorzugehen, müssen anthropogene Eingriffe in den heimischen Wäldern fortgesetzt werden, welche bereits seit Jahrhunderten vom Menschen geprägt wurden.

Effizienter für die Biodiversität auf Landschaftsebene ist vielmehr ein Mosaik unterschiedlicher Umweltbedingungen zwischen Waldbeständen, mit einem Wechsel von Waldentwicklungsphasen und damit einem Wechsel von eher offenen und geschlossenen Kronendächern. Heinrichs et al. (2020) zeigen, dass traditionelle Schirmschlagverfahren im Hainbuchenwald die Biodiversität besser fördern als der Plenterwald.

Untersuchte Mischbestände von Nadelbaumarten mit Buche zeigen für die untersuchten Gruppen keinen positiven Effekt auf die Artenvielfalt im Vergleich zu einer Mischung von Reinbeständen beider Baumarten auf der Landschaftsebene. So bietet eine Mischung von Reinbeständen sowohl Arten geschlossener Wälder als auch Generalisten Lebensraum.

Der positive Einfluss unterschiedlicher Altersphasen, realisiert in Altersklassenwäldern und unterschiedlicher Reinbestände auf die Diversität in Waldlandschaften zeigt, dass die Schaffung reich strukturierter, ungleichaltriger Bestände oder naturnäherer Mischbestände allein nicht ausreicht, um das Gros der Artenvielfalt zu erhalten.

Eine ausschließliche Fokussierung auf kleinflächige Hiebsführungen zur Schaffung strukturreicher Bestände wirkt sich dagegen auf die Artenvielfalt auf Landschaftsebene eher negativ aus, da sie über die Bestandsebene hinaus zu einer strukturellen Homogenisierung führen. Mit der Erweiterung von Prozessschutzflächen (Außer-Nutzung-Stellung) werden zwar einige Artengruppen gefördert, jedoch auf Kosten vieler anderer Gruppen.

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