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Besondere Wälder: Der Böhmerwald
Das grüne Juwel im Herzen Europas
Der Böhmerwald, auch als Šumava bekannt, erstreckt sich entlang der Grenze zwischen Tschechien und Deutschland und bildet ein großes, zusammenhängendes Waldgebiet im Herzen Mitteleuropas. Mit seiner Vielfalt an Waldtypen – von dichten Fichtenwäldern bis hin zu alten Buchenbeständen – und seinen weitläufigen Wäldern, klaren Gletscherseen und einzigartigen Hochmooren bietet der Nationalpark Böhmerwald einen wichtigen Schutzraum für zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten.
Dieses Waldgebiet ist Teil des europäischen Grünen Bandes und zeichnet sich durch seine Mischung aus alten Misch- und Nadelwäldern sowie Moorlandschaften aus. Es ist eines der letzten Refugien für bedrohte Arten in Europa und von großer ökologischer Bedeutung. Gleichzeitig trägt der Böhmerwald eine reiche kulturelle und historische Bedeutung, geprägt von den Einflüssen vergangener Zeiten.
In diesem Artikel betrachten wir die Geschichte, die Flora und Fauna sowie die ökologische und kulturelle Bedeutung des Böhmerwaldes. Zudem geben wir Empfehlungen für Besuche in dieser Region, die sowohl Naturliebhabern als auch Geschichtsinteressierten einiges zu bieten hat.
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Die Geschichte des Böhmerwalds
Die Geschichte des Böhmerwaldes ist eng mit der menschlichen Besiedlung und der wirtschaftlichen Nutzung der Region verknüpft. Im Mittelalter spielte die Holzwirtschaft eine zentrale Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit der Glasproduktion, die auf den reichlich vorhandenen Holzvorräten basierte. Holz diente als Brennmaterial für die Glasöfen, die über hohe Temperaturen betrieben werden mussten, um das Glas zu schmelzen. In den dichten Wäldern des Böhmerwaldes gab es reichlich Holzvorräte, was die Region zu einem idealen Standort für die Glasproduktion machte.
Der Transport von Salz über den „Goldenen Steig“, einem wichtigen Handelsweg, trug ebenfalls zur wirtschaftlichen Entwicklung der Region bei. Diese Aktivitäten prägten die Landschaft nachhaltig und hinterließen deutliche Spuren in der kulturellen Entwicklung des Böhmerwaldes.
Über viele Jahrhunderte hinweg fungierte der Böhmerwald als kulturelle Brücke zwischen deutschen und tschechischen Siedlungsgebieten, was ihm eine besondere historische Bedeutung verlieh. Nach dem Zweiten Weltkrieg markierte die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung einen tiefgreifenden Wendepunkt in der Geschichte des Böhmerwaldes. In den folgenden Jahren kam es zu einer Phase des „Wiedererwachens“, in der die Natur mehr Raum zur Entfaltung erhielt, da große Teile der Region weniger intensiv bewirtschaftet wurden.
Seit 1991 steht der tschechische Teil des Böhmerwaldes unter dem Schutz des Nationalparks Šumava, was die ökologische und historische Bedeutung dieses Gebiets hervorhebt und sicherstellt, dass sowohl die Natur als auch das kulturelle Erbe bewahrt werden.
Die Wälder des Böhmerwaldes
Der Böhmerwald setzt sich aus mehreren zusammenhängenden Waldgebieten entlang der deutsch-tschechischen Grenze zusammen, die zusammen mit einer Fläche von rund 10.000 Quadratkilometern das größte Waldschutzgebiet in Europa bilden. Diese einzelnen Waldgebiete sind durch ihre enge Vernetzung ein bedeutendes Naturreservat, das über Landesgrenzen hinweg geschützt wird. Zu den wichtigsten Teilgebieten gehören:
Bayerischer Wald: Der Bayerische Wald liegt auf der deutschen Seite des Böhmerwaldes und ist mit dem gleichnamigen Nationalpark eine der bekanntesten und ältesten Schutzgebiete in Deutschland. Der Nationalpark Bayerischer Wald wurde 1970 gegründet und umfasst heute über 24.000 Hektar. Er zeichnet sich durch eine wilde, ursprüngliche Natur aus, in der sich die Natur weitgehend unbeeinflusst vom Menschen entwickeln darf. Gemeinsam mit dem angrenzenden Nationalpark Šumava auf tschechischer Seite bildet der Bayerische Wald das größte zusammenhängende Waldschutzgebiet Mitteleuropas.
Šumava: Der tschechische Teil des Böhmerwaldes wird als Šumava bezeichnet und umfasst ebenfalls einen großen Nationalpark, der 1991 gegründet wurde. Der Nationalpark Šumava erstreckt sich über mehr als 68.000 Hektar und ist für seine dichten Fichtenwälder, Moore, Seen und weitläufigen, unberührten Landschaften bekannt. Der Šumava-Nationalpark ist das Herzstück des tschechischen Böhmerwaldes und beherbergt eine reiche Artenvielfalt sowie einige der letzten unberührten Hochmoore Mitteleuropas.
Oberer Böhmerwald: Der obere Böhmerwald erstreckt sich entlang der Grenze zwischen Österreich und Tschechien und umfasst Gebiete, die sowohl in Oberösterreich als auch in Südböhmen liegen. Besonders im österreichischen Mühlviertel ist dieser Teil des Böhmerwaldes durch tiefe Schluchten und die für die Region typischen Granitformationen geprägt. Der obere Böhmerwald ist weniger besiedelt und daher auch ein beliebter Rückzugsort für Wildtiere.
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Die besonderen Moorlandschaften des Böhmerwaldes
Die Moorlandschaften des Böhmerwaldes gehören zu den wertvollsten Naturschätzen dieser Region. Während in vielen Teilen Mitteleuropas die Hochmoore durch Entwässerung und landwirtschaftliche Nutzung fast vollständig verschwunden sind, haben sich hier noch einige der letzten intakten Moore erhalten. Sie sind nicht nur ökologisch von unschätzbarem Wert, sondern auch beeindruckende Zeugen der letzten Eiszeit.
Diese empfindlichen Ökosysteme bieten spezialisierten Pflanzen und Tieren einen seltenen Lebensraum. Anders als Tieflandmoore, die sich in wasserreichen Ebenen bilden, entstehen Hochmoore ausschließlich durch Niederschläge und finden sich oft in höher gelegenen, kühlen Regionen. Die dichten Torfschichten der Hochmoore, die sich über Jahrtausende hinweg langsam gebildet haben, wirken wie riesige natürliche Wasserspeicher und stabilisieren das lokale Klima auf besondere Weise.
Die Bedeutung der Hochmoore für die Umwelt
Die Hochmoore spielen eine unverzichtbare Rolle im ökologischen Gleichgewicht. Sie sind wahre Kohlenstoffspeicher, die große Mengen an CO₂ aus der Atmosphäre aufnehmen und im Torf binden. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel. Zudem wirken sie wie natürliche Wasserspeicher, die bei Starkregen oder Trockenheit das Wasser langsam abgeben und so den Wasserhaushalt der umliegenden Gebiete regulieren. Die Erhaltung der Hochmoore des Böhmerwaldes ist somit nicht nur für die Region von Bedeutung, sondern auch ein wertvoller Beitrag zum globalen Klimaschutz.
Gleichzeitig bieten diese Moore wertvolle Rückzugsorte für spezialisierte Arten. Insekten, seltene Amphibien und Vögel wie der Birkhahn finden hier einen geschützten Lebensraum. Auch faszinierende Pflanzen wie der fleischfressende Sonnentau, das zarte Wollgras und die Moosbeere haben sich an die extrem nährstoffarmen Bedingungen angepasst. Diese Artenvielfalt fördert die ökologische Stabilität und Resilienz des gesamten Lebensraums.
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Baumarten im Böhmerwald
Neben den faszinierenden Morrlandschaften beheimatet der Böhmerwald eine Vielzahl von Baumarten, die sich durch die klimatischen und geologischen Bedingungen dieser Region entwickelt haben. In höheren Lagen, ab etwa 1000 Metern, findet man besonders dichte Fichtenbestände, die an die rauen Bedingungen angepasst sind. Mischwälder aus Buchen, Tannen und Ahornbäumen kommen vor allem in den tiefer gelegenen Gebieten vor.
In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Biodiversität im Böhmerwald zu fördern und den Wald widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen. Da der Klimawandel Schädlinge wie den Borkenkäfer begünstigt, wird kontinuierlich daran gearbeitet, den Wald klimafitter zu gestalten und ihn so besser gegen diese Bedrohungen zu schützen.
Die Tierwelt im Böhmerwald
Die Tierwelt im Böhmerwald ist ebenso vielfältig wie faszinierend und bietet zahlreichen seltenen und bedrohten Arten ein Zuhause. Besonders hervorzuheben ist der Luchs, der nach langer Abwesenheit wieder in die Region zurückgekehrt ist. Auch Rothirsche, Rehe, Wildschweine und Füchse sind hier beheimatet.
Die Vogelwelt ist ebenso beeindruckend: Uhus, Habichte und Schwarzspechte sind nur einige der Arten, die in diesem Gebiet beobachtet werden können. Zudem finden zahlreiche Amphibien und Reptilien in den feuchten Mooren und Flusstälern ideale Lebensbedingungen. Wer sich in die abgelegenen Bereiche des Waldes wagt, hat mit etwas Glück die Chance, seltene Schmetterlinge und Insektenarten zu entdecken.
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Ausflugtipps im Böhmerwald
Die Region ist bekannt für ihre klaren Gletscherseen, wobei der Plöckensteinsee auf der tschechischen Seite der bekannteste ist. Doch nicht nur die Seen ziehen Besucher
in den Böhmerwald; die Vielfalt an Ausflugszielen begeistert Naturliebhaber, Wanderer und Kulturinteressierte gleichermaßen.
Hier sind einige der besten Ausflugstipps:
- Nationalpark Bayerischer Wald: Der älteste Nationalpark Deutschlands bietet unberührte Natur und zahlreiche Wanderwege. Besonders beliebt sind der Baumwipfelpfad Neuschönau, der Tierfreigelände-Park und die Wanderungen auf den Großen Rachel und Lusen.
- Plöckensteiner See (Plešné jezero): Dieser malerische Gletschersee im Šumava-Nationalpark lädt zu Wanderungen ein und bietet atemberaubende Ausblicke auf die umliegenden Wälder.
- Dreisesselberg: Dieser markante Berg bietet nicht nur grandiose Aussichten, sondern auch beeindruckende Felsformationen, wie die „Dreisessel-Stühle“. Der Berg liegt an der Grenze zwischen Deutschland und Tschechien und ist ein beliebtes Wanderziel.
- Burg Karlsberg (Kašperk): Die höchstgelegene Burg Böhmens bietet Einblicke in das mittelalterliche Leben und einen herrlichen Ausblick auf die Wälder des Böhmerwaldes. Führungen und Ausstellungen machen die Geschichte erlebbar.
- Großer Arber: Der höchste Berg im Bayerischen Wald bietet sowohl herrliche Wander- als auch Wintersportmöglichkeiten. Bei klarer Sicht reicht die Aussicht vom Gipfel bis zu den Alpen.
- Moldaustausee (Lipno-Stausee): Der größte Stausee in Tschechien bietet eine Vielzahl an Wassersportmöglichkeiten, Wanderwegen und Fahrradstrecken. Im Winter ist die Gegend ein beliebtes Ziel für Skilangläufer.
- Boubín-Urwald: Dieses einzigartige, naturbelassene Waldgebiet im tschechischen Šumava ist einer der letzten Urwälder Mitteleuropas. Ein Lehrpfad führt durch das Gebiet, und vom Boubín-Aussichtsturm hat man einen weiten Blick über die Region.
- Glasmuseum Frauenau: Dieses Museum im Bayerischen Wald zeigt die Geschichte und Kunst der Glasherstellung, für die die Region berühmt ist. Hier können Besucher Glasbläsern bei der Arbeit zusehen und selbst Glaskunstwerke bewundern.
- Teufelsmauer (Čertova stěna): Eine beeindruckende Felsformation in Tschechien, die von alten Legenden umwoben ist. Wanderwege führen zu diesem mystischen Ort, der einen faszinierenden Ausblick auf die umliegende Landschaft bietet.
- Schloss Krumau (Český Krumlov): Dieses Schloss, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ist ein architektonisches Juwel. Die mittelalterliche Stadt Český Krumlov mit dem darüber thronenden Schloss ist ein unvergessliches Ausflugsziel, das Kultur, Geschichte und Natur vereint.
Schon gewusst?
Nachhaltige Forstwirtschaft schützt Österreichs Wälder
Die österreichischen Waldbesitzer:innen pflegen den Wald mit Sorgfalt und Weitblick und betrachten ihn nicht nur als wirtschaftliche Ressource, sondern als lebendiges, vielfältiges Ökosystem. Durch nachhaltige Forstwirtschaft bleibt der Wald ökologisch und ökonomisch wertvoll.
Diese nachhaltige Bewirtschaftung schafft wertvolle Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten und stärkt die Biodiversität, die das Fundament eines gesunden Waldökosystems bildet. Waldpflege ist zugleich aktiver Klimaschutz, denn nur ein gesunder Wald kann als „grüne Lunge“ wirken und CO₂ speichern. So bleibt der Wald ein Ort der Ruhe und Erholung, den auch kommende Generationen erleben und schätzen können.
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